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Full text of "Heimfall und Erbfolge: Studie aus dem Kreise des ungarischen Privatrechts ..."

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f 



n 



IV] 

HEIMFÄLL UND ERBFOLGE 



STUDIE AUS DEM KREISE DES UNGARISCHEN PRIVATRECHTS 

MIT RÜCKSICHT 
AUF DEN UNGARISCHEN ALLG. BÜRGERL. GESETZENTWURI' 



VON 

Dr. BELA REITZER 



SONDER ABDRUCK AUS DER ZEITSCHRIFT FÜR UNGARISCHES ÖFF. UND PRIVATRECHT 



BUDAPEST 
EUROPA, LITERARISCHE UND BUCHDRUCKEREI ACTIENGESELLSCHAFT \ \ ' 

1906. 



J. '* 



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J1 



APR 17 1933 



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Inhaltsübersicht. 



Seite 
Einleitung: Die organische und systematische Angehörigkeit des Heim- 
falls und der Erbfolge 5 

1. Der rechtspolitische Grundgedanke und die Entwicklung des Heimfalls 8 

II. Begriff des Heimfalls 13 

III. Abweichende Rechtsinstitute 17 

IV. Ist die im Falle der Untreue eintretende Rechtsubjecländerung Heim- 

fall? 23 

V. Die Heimlallsberechtigten 28 

VI. Ist das im § 1810 des ungarischen allg. bürgerlichen Gesetzent- 
wurfes geregelte Erbrecht des fisci regii Heimfall ? 33 



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So oft wir an die eingehendere Untersuchung einer Rechts- 
instituLion schreiten und den Wunsch hegen, dasselbe in seine 
Bestandtheile zerlegt und auf seine Entstehuiigsgründe zurück- 
geführt kennen zu lernen, ist es unsere erste Aufgabe zu prü- 
fen, welchem Theile der Rechtsmaterie die zu prüfende Frage 
organisch und systematisch angehört. Die Feststellimg dessen 
ist aber aus dem Grunde nothwendig, weil wir in erster Linie 
die Grundsätze klarlegen müssen, welche die einzelnen Theile 
beherrschen und werden wir diesen allgemeinen Leitmotiven 
folgend zur Frage gelangen, inwiefern in der gegebenen Spe- 
oies die Eigenschaften des Genus aufzufinden seien, worin sich 
dieselben von den übrigen zu diesem Genus gehörigen engeren 
Kategorien unterscheiden und ob nicht diese Species solche Züge 
aufweist, welche das Charakteristikon einer anderen abweichen- 
den Gruppe bilden. Dieser Vorgang hat sich nun stets in zwei- 
facher Richtung zu vollziehen: in der Richtung des Systems 
und in der Richtimg des Organismus. 

iWenn wir vor Allem den Unterschied zwischen System und 
Organisation kennzeichnen wollen, so könnten wir dies unge- 
fähr mit der Urproduktion und dem Gewerbe vergleichen. Das 
Leben produzirt die jede menschliche Vorstellung übersteigen- 
den Verhältnisse, so wie die Urproduktion die verschiedensten 
Materialien. Und eo wie die menschlichen Bedürfnisse selbst, 
beziehungsweise die die Befriedigung derselben bezweckende Ein- 
sicht im gegebenen Falle das Geeignetwerden der so erzeugten 
Güter bewerkstelligen : so würden sich auch diese Lebensverhält- 
nisse ohne jedes Gesetzeswort, auch ex ratione regeln und glätten. 
So wie da& Gewerbe nichts anderes macht, wie dass es die be- 
reits erzeugten Materialien aufarbeitet und brauchbarer gestal- 
tet, so wählt auch das Rechtssystem die von dem Leben ge- 
botenen Verhältnisse aus, gruppirt dieselben und führt unter Be- 
rücksichtigung gewisser Prinzipien deren sichere und einheit- 
lichere Erledigung herbei. Das Rechtsmaterial liefert nicht der 
Gesetzgeber, sondern das Leben und was des Gesetzgebers harrt, 
das ist die Systemisining. 



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Hieraus erhellt, dass wenn wir den gegebenen Begriff mit 
seinen rechtsorganischen Umrissen umgrenzen, hiemit auch für 
dessen rechtssystejnatische Position die Richtung gegeben ist. 
Dies trifft auch umgekehrt zu; die Beiden decken sich gewöhn- 
lich und weim auch hie und da eine Abweichung vorkommt, 
ist diese durch gewisse Rücksichten immer gerechtfertigt. 

Halten wir uns also auch bei der zu!m Gegenstande der 
gegenwärtigen Untersuchung gewählten Frage an die vorange- 
hende Behandlungsweise und stellen wir nun fest, welche Po- 
sition unsere Frage in der Rechtsmaterie einnimmt. Heimfall und 
Erbfolge sind zwei BegrifTe, welche dem ausgedehnten Genuss 
des Rechtser\verbes angehören. Beide bedeuten den Eintritt in 
ein Rechtsverhältnis. In ein Rechtsverhältnis kann man aber 
auf zweierlei Arten eintreten: entweder so, dass der neu Ein- 
tretende neben ein schon darin befindliches Subjekt tritt, wie 
zum Beispiel bei der Haftung oder an Stelle desselben tritt, 
zum Beispiel bei der Nachfolge. Diese letztere bildet einfach 
einön Rechlssubjektstausch. Zum Subjekte gewisser Rechte wer- 
den, deren Subjekt aus welchem Grunde immer wegfiel : dies 
ist die Beschreibung der Kategorie, welcher sowohl der Heim- 
fall, als die Erbfolge angehören. Diese Umgrenzung ist jedoch 
eme überaus weite, weil dieser Subjektstausch verschiedene Kon- 
sequenzen haben wird je nach den Gründen, welche diese Sub- 
jektsänderung hervorgerufen haben; nur wenn wir dem Ange- 
führten hinzufügen, dass diese Rechtsinstitutionen solche Aende- 
rung'en der Rechte bilden, welche mit dem Tode des frü- 
heren Subjektes eintreten, habein wir mit markanteren Zügen 
jenen engeren Begriffskreis bezeichnet, in welchen unser Gegen- 
stand eiiugefügt ist. 

Bevor wnir auf der geraden Strecke unserer Erörterungen 
weitersclireiten, halten wir schon 'auf diesem Platze eine kleine Ab- 
schwenkung für iiöth|ig. Wir müssen nämlich vorausschicken, dass 
der Heimfall, wenn wir hiemit die Umgrenzung einer gewissen 
juristischen Kategorie bezeichnen, ausschliesslich eine im To- 
desfalle eintretende Rechtssubjektsän,derung ist. Wir erachten es 
für nothwendig, dies schon jetzt zu betonen, weil wir in die- 
sem Punkte von der allgemeinen Auffassung abweichen. Der ge- 
meiniglich ebenfalls für einen Heimfall gehaltene, in Folge der 
nota infidelitatis eintretende Rechtssubjektswechsel bildet näm- 
lich unseres Dafürhaltens keinen Heimfall, wae wir dies im Laufe 
miserer Ausführungen beweisen wollen. 

Spinnen wir nun den beiseitegelegten Faden unserer Aus- 
führungen weiter. Wenn wir festgestellt haben, dass sowohl der 



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Anfall (die Erbfolge) wie der Heimfall Rechtsveränderungen sind, 
welche im Todesfalle eintreten, so haben wir hiemit zugleich 
gesagt, dass bedde Rechtsinstitute in den Kreis des Erbrechtes 
gehören. Von dem Gesichtspunkte des rohen Rechtsmaterials ist 
dies bezüglich Beider zweifellos. Nicht so aber, was das System 
betrifft, weil wir bei der systeematischen Plazirung sowohl der 
Erbfolge, wie des Heimfalls Unterschiede finden. 

Als noch bei uns der Heimfall ein das ganze nationale 
Leben durchdringendes Rechtsinstitut war, kannte man die heutige 
fünfer Edntheilimg des Rechtssystems noch nicht und nachdem 
in dem dreier System, welches auch Werböczy in seinem Tri- 
partitum befolgt oder wenigstens zu befolgen beabsichtigt, das 
Erbrecht in die Gruppe der absoluten Rechte eingereiht wurde, 
hat die Plazirung des Rechtsinstitutes auch keine Schwierigkeiten 
verursacht. Im fünfer System jedoch würde diese systematische 
Plazirung mit viel grösseren Schwierigkeiten verbunden sein. Ein 
Beweis dessen ist Franks Közigazsag Törvenye, wo da^ Erbrecht 
aus dem Vermögensrechte ausscheidet. Hier ist der Heimfall in 
beiden Theilen zu finden und ist derselbe gerade im Zusammen- 
hange mit dem Eigenthumsrechte eingehender ausgeführt. Plau- 
sibel ist die Richtigkeit dessen, besonders dadurch, dass der 
Heimfall als solcher mit Rücksicht darauf, dass er lediglich mit 
dem Tode irgend Jemandes eintreten kann, unbedingt ein erb- 
rochtliches Institut ist. 

Die Stellung der Erbfolge im heutigen Systeme ist — we- 
nigstens wenn wir die bestehenden Gesetze in Betracht Eiehen 
-- unantastbar. Bei dem Heimfall wäre aber eine solche sichere 
Umgrenzung ausser dem besagten Grunde auch noch aus ande- 
ren Gründen sehr schwer, und zwar vornehmlich aus dem 
Grunde, weil die juristische Struktur des Heimfalls gegenüber 
der Erbfolge eine besondere Eigenheit aufweist. Bei dem Heim- 
fall wirft nämlich das Subjekt der zu wechselnden Rechte schon 
zu Lebzeiten des alten Subjekts seinen Schatten voraus, es lässt 
sein Darinsein schon vor dem eigentlichen Eintritte fühlen und 
berührt auch dessen Rechte in weit ausgreifendem Umfange. 
Dieser Umstand erheischt eine eingehendere und klarere Aus- 
führung und werden wir hierauf an geeigneter Stelle zurück- 
kehren. Hier nur noch soviel, dass die dem Heimfall von. uns 
gegebene Position darin ihre Rechtfertigung findet, dass der Tod 
des alten Subjektes das Auftreten des neuen Subjektes sicht- 
bar und aktuell macht und den eigentlichen Subjektswechsel be- 
wirkt. 



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I. 



Hernach können wir nun zur Besprechung der beiden Be- 
griffe übergehen, wobei der Schwerpunkt auf dem Heimfalle liegt. 
War können uns aber in die dogimatische Analyse nicht einlassen, 
bevor wir den politischen Grundgedanken des Heimfallsrechtes 
ia aller Kürze kennen gelernt haben, denn wenn es ein Rechts- 
institut gibt, welches nur so wahrhaft verstanden werden kann, 
wenn wir es in das Milieu, welchem es entsprungen, hinein- 
setzen und wenn wir jene gesellschaftlichen Verhältnisse ken- 
nen, aus welchen dieses Rechtsinstitut hervorging, so trifft di(»s 
besonders bei dem Heimfalle zu und zwar darum, weil dieses 
Rechtsinstitut vor de^i Jahre 1848 unser ganzes Leben, unser 
öffentliches und Privatrecht derart durchdrungen hat, dass es 
eine direkte Daseiinsbedingung derselben war. 

Der Heimfall entfaltet sich eigentlich mit der Entwicke- 
lung der staatsrechtlichen Lehre von der heiligen Krone, als 
ein auf dem Donationsgut fussendes Rechtsinstitut. Das Dona- 
tionsgut war wohl im ungarischen Rechtsleben schon vordem 
bekannt, ebenso wie in jedem anderen alten Rechte, weil seine 
Keime bei jedem Volk bis zur Landnahme zurückgreifen. Als 
näjnlich unsere Vorfahren diese Heimat eroberten, theilten sie 
deren Boden im Verhältnisse zu den Kriegsverdiensten unter den 
Sippschaften auf. Im Anfange war also jedes Grundstück eine 
Donation des Fürsten an die Sippschaft, welches als solches 
auch kein individuelles Eigenthum bilden konnte, sondern der 
Sippschaft gjehört hat, deren Oberhaupt der niessbrauchende Be- 
sitzer war, jedoch ohne Dispositionsberechnung. Hierin ist die 
Grundlage des Heijnfalls gegeben. 

So war dies zu Beginn der Geschichte aller Völker. Später 
jedoch entwickelte sich der ausgebreitete weitverzweigte Baum, 
zu welche;n dieser Same anwuchs, überall anders, je nach dem 
die Fruchtbarkeit der betreffenden Nation, der Boden derselben 
geeigneter, die Pflege der Menschenhände, mit welcher auch das 
wiederholte Stutzen der Nachtriebe verbunden ist, grösser, der 
Sonnenstrahl stärker, die Aufsaugung der Feuchtigkeit günsti- 
ger war. Wie diese Bedingungen bei uns vorhanden waren, zeigt 
schon das entwickelte Rechtsinstitut des Heimfalls. Der Ent- 
wickelungsprozess war selbstverständlich ein langsamer und 
musste die unterschiedlichsten Staaien durchmachen. 

Es wird nicht uninteressant sein, einzelne dieser Stadien 
herauszugreifen, schon aus dem Grunde nicht, weil wir so den 
Heimfall selbst besser verstehen werden. Sagt ja schon Frank, 



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unser grosser Jurist, im Vorworte dos Közigazsag : »auf das lebende 
Gesetz wirft nicht selten das Alterthujn volles Licht.« >*icht min- 
der interessant ist jedoch diese Thatsache darum, weil trotz- 
dem wir auf Schritt und Tritt hören, dass unser Recht vor dem 
48er Jahr kein freies Eigenthum gekannt hat, festgestellt wer- 
den kann, dass das freie Eigenthum in unserem heimischen Rechte 
früher bekaimt war, als die eigentliche Donation. War ja bei 
uns vor der Entwickelung der Theorie von der heiligen Krone 
wenigstens bei den Adeligen, die ja die Nation bildeten, gerade 
das freie Eigenthum vorherrschend. 

Zuni Nachweis dessen genügt es, den allbekannten, jedoch 
nicht genug gewürdigten 4. Punkt der Goldenen Bulle zu erwähnen, 
welcher niit Ausschliessmig jedes Zweifels und ohne einen Un- 
terschied zu machen, ausspricht, dass der ohne männlichen Nach- 
kommen verstorbene Adelige nach Ausfolgung der quarta puelH- 
ris, als des der Mädchenlinie in der Gestalt irgend eines 
Pflichttheiles zustehenden Vermögens, über sein ganzes Vermö- 
gen frei verfügt. (»Si quis serviens sine filio decosserit, quartam 
partem possessionis filia obtinebit et de residuo sicut voluerit 
disponat.«) Bekräftigung findet dies auch ijm 64. Titel des I. 
Theiles des Werböczyschen Triparütums, nach welchem die ge- 
genwärtige Form des Heimfalles nur seit der Zeit unseres Kö- 
nig Ludwig des Grossen, also seit der Entwickelimg der Idee 
der heiligen Krone besteht. Ludwig der Grosse setzt nämlich 
in seiner Konfirmation einen Artikel der Goldenen Bulle ausser 
Kraft und dies ist eben der angeführte 4. Artikel. »Ante enim 
eius principis tempora - - sagt Werböczy -- omnis baro, nobi- 
lisque liberam disponendi habuit facultatem super juribus suis 
possessionariis.« 

Dieses Rechtsinstitut hatte einen tiefen Sinn, und dieser 
bewog unseren König Ludwig den Grossen, dasselbe in seiner 
ganzen Strenge zu erschaffen. Es hängt dies namentlich mit der 
Frage der Landwehr zusaninien, deren (Grundlage nebst dem Ban- 
derialsystem im Grundbesitze geg(»ben war. Fc^berdies war es 
zur Zeit seiner Herrschaft mit Rücksicht auf jene Relationen, 
in welche unser Vaterland einerseits zu den mit den Anjous 
hereingeströmten Fremden und andererseits insbesondere zu den 
süditalienischen Fürsten thümern, sowie infolge der Eroberungs- 
politik Ludwigs des Grossen sowohl zu Polen, als zu den übri- 
gen angrenzenden Ländergebi(»ten trat, bei weiser Erkenntnis der 
Lebensverhältnisse und der hiemit verbundenen Zweckmässigkeit 
sicherlich geboten, dem Uebergange des Landesgebietes in die 
Hände Fremder und die Verarmung unseres Adels einzudäm- 



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nien. Ebenso wahrschednlich ist, dass die reichen italienischen 
Krämer imd Bankiers mit der Art und Weise vertraut waren, 
wie man die ausgebreiteten und einträglichen Grundstücke am 
leichtesten an sich reissen könne. Es hätte leicht eintreten kön- 
nen, dass die Wehrkraft des Landes sich zerstäubt hätte und 
hiemit auch der nngarische Staat zusanmien gestürzt wäre. 

Von diesem Gedanken war das ganze Zeitalter derart durch- 
drungen, dass ihn sogar das Tripartitum berührt, als es die 
Frage aufwirft, waruim das Donationsgut nicht auch der Mäd- 
chenlinie zusteht. »Ouia Regnun istud Hungariae, cum partibus 
sibi subiectis in medio faucibusque hostium situm et positum 
est, quod gladis samper et armis tutari defendique solet . . . 
Mulieres autejn et puellae armis militare cum hostibusque decer- 
tare non solent, neque possunt et ob hoc bona ipsa jure femi- 
neo non desen^iunt.« (Pars I. t. 18.) 

Aus diesein Grunde erwies sich die Beschränkung der 
freien Verfügung über die liegenschaften nothwendig. Dies hat 
jedoch noch nicht genügt. Wenn auch nä,mlich nach dem Aus- 
sterben der Familie der Heimfall an die Krone eintrat, so war 
dies noch keine Garantie dessen, dass das Gut bis zu diesem 
Zeitpunkte thatsächlich in der Rechtssphäre der Familie bleibt; 
wenn nur die erwähnte frühen» Gebundenheit aufrechtbesteht," 
so hindert dies, dass die Familien dann und dadurch verarmen, 
wenn ein leichtsinnig denkendes ]Mitglied derselben das Gut ver- 
kauft und sich d(»nkt, dass der Fiskus, falls die Familie aus- 
stirbt, das Seine sicherlich zu finden wissen und mit demjeni- 
gen, der es hat, schon fertig werden wird. 

Dies wäre so nur eine halbe und zur Sanirung des Uebels 
überhaupt nicht geeignete Massregel gewesen. Deswejien musste 
also eine fernere Gebundenheit des Gutes angeordnet werden, 
welche den Beruf hatte, auch die Familie sicherzustellen, nicht 
nur die Krone und unmöglich zu machen, dass welcher Eigenthümer 
des Gutes immer imstande sei, mit einer Massnahme der Fa- 
milie auf immer den Boden zu entziehen. Dies konnte nur so 
erreicht werden, wenn die Familienmitglieder dem vorbeugen und 
erreichen konnten, dass ohne ihr Wissen und ohne ihre Ge- 
nehmigung nichts geschehen könne. Hiezu diente das Rechts- 
institut der A^dticität, welche das Erhalten des Gutes zu Gunsten 
der Familie ebenso garantierte, wie das Donationssystem das 
Erhalten desselben zu Gunsten der Krone. 

So entstand also zur Zeit Lndwigs des Grossen die zwei- 
fache Gebundenheit des Gutes: die staatsrechtliche Gebunden- 
heit zu Gunsten der Krone, kraft deren ständig aufrechtbleibenden 



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Rechtes, sowie die Gebundenheit nach Innen gegenüber der Fa- 
milie, kraft eines fast schon präexistenten Rechtes derselben, der 
Aviticität. Ludwig der Grosse führte beide Rechtsinstitute gleich- 
zeitig ein und pflegt sie auch die Geschichte bis zu dem heutigen 
Tage zugleich zu besprechen; identisch sind sie aber trotzdem 
nicht, das staatsrechtliche System der heiligen Krone und die 
Aviiicität, sie gehören nicht einmal zu einander, nur hat sie 
die Gemeinsamkeit des Zweckes, der rechtspolitische Grundge- 
danke zusammengeflochten. Die Staatslehre der heiligen Krone 
bezieht sich nämlich lediglich auf die Donationsgüter, wie sie 
nur Adeligen gegeben wuilden, erstreckte sich jedoch weder auf 
die anderweitigen Güter der Adeligen, noch im allgemeinen auf 
die Güter der Bürger der königlichen Freistädte und auf die 
Güter der Leibeigenen. Von diesem Gesichtspunkte ist es also 
unrichtig, die Beiden zusammenzuknüpfen. Eine Donation war 
auch ohne Aviticität möglich, z. B. wenn der Donatar keine 
Familie hatte. Die staatsrechtliche Schranke bestand für ihn, wenn- 
gleich er sich um keine Familie zn kümmern hatte, hingegen 
war in den Städten die A\Tticität auch ohne Donation thatsäch- 
lich wirksam. Nachdem jedoch beide Rechtsinstitute von unse- 
rem König Ludwig dem Grossen eingeführt wurden, nachdem 
ihr Zweck derselbe war imd sie regelmässig zusammen erschie- 
nen, ist es erklärlich, dass sie verwechselt imd konsequent ge- 
meinsam besprochen werden, wie wir dies auch im Tripartitum 
beobachten können. 

Sehen wir nun, wie sich unsere privatrechtlichen Institu- 
tionen mit der Entwickelung der Lehre von der heiligen Krone 
umgestalten. 

Vor Allem müssen wir mit Rücksicht auf die Art des 
Erwerbes das erworbene Gut von dem Schenkungsgute streng 
unterscheiden. Das Schenkungsgut dient stets zur Belohnung von 
Kriegsverdiensten und war mit demselben der Adel verbunden. 
Jedes andere Gut hingegen, welches Jemand während eines Krie- 
ges oder »litterali scientia vel doctrina« erwarb, war erworbenes 
Gut. Die letzteren bezeichnet Werböczy mit den Namen »peculium 
t^astrense« und »quasi castrense«, welche offenbar das Charakte- 
ristische solcher Güter zum Ausdruck bringen. Unter diesen Be- 
zeichnungen wurden nämlich bei den Römern Vermögenskreise 
verstanden, mit welchen, eine anderen Vermögen nicht anhaftende 
freie Disposition verbunden ist. Diese Disposition bezieht sich auf 
sämmtliche für Lebzeiten oder Todesfall lautende unentgeltlich 
oder entgeltlich geschehene Veräusserungen oder Verpflichtungen. 
Dieses Verfügungsrecht wird auch dadurch nicht gehindert, dass 



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Abköjniiilin^o vorhanden sind, selbst weim diese entschieden 
widersprechen würden, weil »qnilibet de bonis per eum propriis 
servitiis et conquisitis, libere disponere possit.« 

Es stand jedoch den Adeligen auch bezüglich anderer Gü- 
ter das freie Verfügungsrecht zu. Sie "besassen nämlich inner- 
halb der Grenzen des Besitzes stets ein freies Niessbrauchs- 
und Verfügungsrecht über ihr gesetzliches Gut und Boden und 
ül)er sämintliche Einkünfte derselben, und war dieses fundamen 
tale Recht stets die stärkste Stütze des berühmten primae nonus, 
der so oft gebrauchten Waffe des Adels und der wohl geschützten 
Sonderstellung desselben. 

Der Schwerpunkt unseres Besitzrechtes liegt jedoch auf den 
Donationsgütern, »welche in den ungarischen Gesetzen — um 
mit Franks Worten zu sprechen« — in erster Reihte stehen.« 
Der Ursprung und die Entw^ickelung der Donationsgüter basirte 
— wie bereits erwähnt — auf der Lelin^ von der heiligen 
Krone. Diie Idee der heiligen Krone kulmiiiirt nämlich 
darin, dass die Krone des heiligen Stefan die Eigenthüme- 
rin des Gebietes des ganzen Vaterlandes ist, ausser ihf 
aber Niemand etwas davon sein Eigen nennt. Die heilige 
Krone ist eine mistische Person, deren Persönlichkeit keine fic- 
üve, sondern eine echte ist. So fasste dies das Mittelalter auf. 
Die Thatsachc der Krönung überträgt nun diese Rechte auf die 
die Person des Königs, wozu aber nur die Nation das Recht 
besitzt, welche von der »una eademque nobilitas« gebildet wird. 
Ebenso jedoch, wie die Edlen den König, wählt der König die 
Edlen; jede Adels verlejhung geht also von dem Fürsten aus und 
kelirt auch jeder Adel zur Krone zurück, zum Beispiel w^enn 
der Adelige ohne Hinterlassung eines Abkömmlings stirbt. Die 
Folge dessen ist, dass in solchen Fällen kein anderer, wie der 
König die Güter erben kann. 

Diese letztere Verfügung greift schon in dem angeführten 
4. Artikel der Goldenen Bulle Platz, doch ist dies noch kein 
Heinifall. Es enthält ja etwas von dem Heimfalle, weil ja^ der 
Erwerb der Krone auf Grund ihres eigenen, alten Rechtes ge- 
schehen ist, dass aber dies dennoch keinen Heimfall bildet, dass 
wollen wir im Nachfolgenden beweisen. Hier sei nur das Eine 
erwähnl, dass zur Zeit der Goldenen Bulle, bis zum Jahre 1351, 
eiji solcher Edler den Eintritt des Heimfalles verhindern konnte, 
wenn er von Todeswegen schon verfügt hat, weil diese seine 
Disposition aufrecht bestand. Dies stimmt ungefähr mit der dem- 
Fiskus zustehenden Erbfolge in der hereditas vacans überein,, 
von welcher später die Rede sein wird. 



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.Wir müssen uns wohl merken, dass das erworbene Gut 
vom Gesichtspunkt der Aviticität ganz etwas anderes bedeutet; 
w^ährend nämlich mit Hinsicht auf die Donation jedes Gut, wel- 
ches kerin Donationsgut ist, erworbenes Gut bildet, ist gegen- 
über dem avitischen Gute dasjenige erworben, was nicht von 
irgend einem Vorfahren abstammt. Das Donationsgut konnte also 
avitisch imd auch nicht avitisch (erworben) sein; jede Donation 
war nämlich mit Rücksicht auf die Familie in der Hand des 
ersten Erwerbers (acquisitor) ein Erwerb, hingegen in der Hand 
jedes weiteren Erwerbenden schon avitisch; avitisch ist jedoch 
auch dasjenige Gut, welches nie eine Donation war, sondern 
welches der Vorfahre zum Beispiel »litterali scientia« jemals er- 
worben hat, welches also gegenüber der Krone auch nach Lud- 
wig dem Grossen keinerlei Schranken aufwies. Das erworbene 
Gut enthielt also vom Gesichtspunkt der Aviticität viel mehr in 
sich, weil es der Inbegriff jedes Donationsgutes war (sei denn, 
dass dieses Donationsgut dem ersten Erwerber gehört hiat), plus 
jedes andere Gut, welches von den Vorfahren anfiel. (Peculium 
des Vorfahren.) 

Schon dies beweist, dass die beiden Rechtsinstitute nicht 
identisch sind, einerseits, weil auch ihr Gegenstand ein anderer 
ist, andererseits, weil sie — wie wir sehen werden — überdies 
auch andere Unterschiede aufweisen. 

11. 

Der Heimfall ist ein Rechtsinstitut sui generis, welches seine 
eigenthümlichen Konsequenzen hat. Diese Konsequenzen treten 
in zweifacher Richtung auf und lassen ihre Wirkung doppelt 
fühlen, das heisst, nach anderer Richtung hin, während der Be- 
sitzer noch am Leben ist und in anderer Richtung mit dessen 
Tode. Der eigentliche Heimfall tritt nur im Todesfalle ein, er 
wirft jedoch seinen Schatten schon voraus und hält den Besitzer 
schon zu seinen Lebzeiten mit einer Hand. 

Wir müssen im alten ungarischen Rechtssysteme von zwei 
Arten des Heijmfalles sprechen, jener zweifachen Schranke ge- 
mäss, welche bezüglich der Güter bestand: von dem Rückheim- 
falle und von dem Heimfalle. Der Rückheimfall ist ein in den 
gesetzlich festgestellten Fällen, beziehungsweise unter den ge- 
setzlich festgestellten Bedingungen jure proprio geschehender 
Uebergang der Donationsgüter auf die Krone, der Heimfall hin- 
gegen ist ein Subjektswechsel in den Familiengütem im Falle 
des Ablebens des Besitzers auf Grund einer ebenfalls bestehen- 
den Berechtigung, deren Basis in der Blutsverwandtschaft mit 



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Vorfahren liegt. Idealiter fällt das Vermögen bei je^dem solchen; 
Tausche auf den ersten Ahnen zurück und von diesem erhält 
es dann der Erbe. Welche Wirkungen haben nun diese beiden 
Insütulionen vor allem zu Lebzeiten des Besitzers und welche 
nach dessen Tode? Dies sind die Fragen, welche wir in dem 
Nachfolgenden prüfen wollen. 

Der Beschenkte gewinnt nie ein wirkliches Eigenthuni, weil 
die einzige ausschliessliche Eigenthümerin sänimtlicher Güter die 
Krone ist. Der Beschenkte erhält — wenn wir es so nennen 
wollen — blos ein Eigenthum nebst resolutiver Bedingung. Wir 
können auch sagen, dass er überhaupt kein Eigenthum bekommt, 
sondern nur einen Niessbrauch, welcher sich jedoch nicht nur 
auf das Leben einer Person erstreckt, wie der im römischen 
Rechte unter dem Namen emphyleusis bekannter Niessbrauch ; 
im früheren Falle ninunt also die Eigenthumsübertragung mit 
dem Eintritte der resolutiven Bedingung ein Ende und wird die 
übertragende Krone wieder zur Eigenthümerin. Im letzteren Falle 
aber wird die beschränkte Berechtigung des ursprünglichen Eigen- 
thümers mit dem einfachen Erlöschen des Usufructus wieder 
zur unbeschränkten Berechtigung. So bedeutungsvoll dieser Un- 
terschied in struktueller Hinsicht ist, so wenig relevant ist er 
in praktischer Hinsicht. Soviel steht jedoch fest, dass der Be- 
schenkte zum wirklichen Eigenthümer niemals vorrücken kami, 
weil das Eigenthumsrecht der Krone ewig währt. 

Die ungarische Rechtsauffassung neigt zur ersteren Ansicht 
und nennt auch Werböczy die Krone ständig einen »gesetzlichen 
Nachkommen«, zmn Zeichen dessen, dass nach dem Verstorbe- 
nen die Krone folgt, als Fortsetzerin der Rechtsverhältnisse des 
Verstorbenen. 

Aehnlich besteht auch bei dem avitischen Gut zu Gunsten 
der Familie ein solches dinglich wirksames Veräusserungs ver- 
bot, weil der Besitzer des avitischen Gutes zu seinen Lebzeiten 
ebenso nicht mit Beeinträchtigung des Gutes verfügen kann, wie 
der Beschenkte mit Beeinträchtigung der Krone. Der jeweilige 
»Erbe« erhält auch liier nur ein bedingtes Eigenthum und be- 
deutet sein Tod wieder den Eintritt einer neuen Bedingung, be- 
ziehungsweise eines neuen Zeitpunktes, mit welchem der Heim- 
fall wieder erfolgt. Doch geschieht der Uebergang nicht von dem 
unmittelbaren Vorfahren, auch nicht auf Grund seines Rechtes, 
vielmehr geht — wie wir sahen — das Gut auf den! ersten 
Ahnen zurück und wird nun derjenige folgen, der diesem am 
nächsten steht. Dieser Nächststehende wird das dominium reale 



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erhalten, bezielmiigsweise das in seinem Besitze befindliche do- 
minium successorium zu einem dominium reale verwandeln. 

Wir müssen nun wissen, dass dieses zweifache Eigenthumsh 
recht ehie zweifache Wirkung desselben Rechtes bedeutet. Das 
dominium reale bedeutet den thatsächlichen Besitz, mit welchem 
der Genuss des Gutes verbunden ist, wogegen das dominium 
successorium die uuf die Zukunft bezügliche Möglichkeit be- 
deutet, dass dieser Besitz einmal mir zustehen wird. Während 
also das reale Eigenthumsrecht einen gegenwärtigen Genuss bie- 
tet, bezieht sich das Successorium nur darauf, dass ich in die 
Sache dreinreden kann, so oft sich der Verwirklichung dieser 
Möglichkeil ein Hinderniss in den Weg stellt. Das Subjekt des 
ersteren ist eine Person, d. h. der Besitzer, das Subjekt des 
zweiten jedes, von dem gemeinsamen Vorfahren abstammendes 
Mitglied der Familie. Das Verhältniss eriimert einigermassen an 
das Verhältniss zwischen possessio ad interdicta und possessio 
ad usucai)ionem im römischen Rechte. Es sind dies die Wir- 
kungen desselben Verhältnisses in je anderer Wirkung, wo die 
eine Wirkung die Verfügung mittels bestehender Verordnung zur 
Sicherstellung des (ienusses, die andere aber — wohl ohne- 
dies — den Eigenthumserwerb für mich bedeutet. 

Der Eigenthumsübertrag nebst einer resolutiven Bedingung 
ist eine solche Kategorie, bei welcher das Rechtsgeschäft mit 
dejn Eiintritte des bezeichneten zukünftigen Ereignisses unwirk- 
sam, beziehungsweise der Uebertragende wieder zum Eigen- 
thümer wird. Es ist dies eine auch in unserem heutigen Rechte, 
zum Beispiel in der fideikommissarischen Substitution vorhan- 
dene Form, bei welcher der Erbe aufhört Erbe zu sein, wenn 
das von dem Erblasser angegebene Ereigniss — meistens die 
Geburt eines Nachkommen — eintritt. Der Sinn hievon liegt 
darin, dass 1. die zu gebärende Person das Vermögen mit sol- 
cher Wirkung, also auch in solchem Zustande bekommen soll, 
wie wenn sie es direkt von dem Verstorbenen bekommen hätte 
(fictio), 2., dass den Nachlass bis dahin der Erbe geniesse. Der 
Erbe hat jedoch blos dieses Genussrecht, nicht aber auch das 
Recht, die Substanz zu veräussern, weil er verpflichtet sein wird, 
dieselbe so zu übergeben, wie er sie erhielt. Die beiden Kon- 
struktionen stimmen vollkommen überein und müssen wir hier 
an den äusserst zutreffenden Vergleich denken, welchen der beste 
Kenner dieses Institutes, BenöZsögöd, anführt, dass wir nämlich 
den Heimfall einfach eine auf dem Gesetze fussende fideikom- 
missarische Substitution nennen könnten. 

Der Heimfall ist also eine jure proprio, mit eigenem Rechte 



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16 



bewirkte Erwerbsart. Die Krone ist. nicht — wie Werböczy sagt 
— »Nachfolgerin« des Verstorbenen (Werböczy will hiemit offen- 
kundig darauf hinweisen, dass nach dem Verstorbenen die 
Krone zu dem Vermögen gelangt), sondern iihre eigene Nach- 
folgerin. Die Krone gewinnt auch kein neues Recht, sondern 
es lebt ein bereits bestehendes, jedoch ruhendes Recht dersel- 
ben, bezüglich dessen sie sich beschränkt hat, jetzt wieder auf 
und gewinnt Aktualität. Diese Berechtigung schwebte auch damals 
über dem Gute, als der Donatar noch am Leben war, nur war 
sie unsichtbar. Mit der Thatsache des Todes wurde sie nun ohne 
jeden anderen Umstand, ipso facto zu einem wirksamen Rechte. 
Der Donatar konnte mit dem Gute auch zu seinen Lebzeiten 
nicht disponiren. Veräussern konnte man es überhaupt nicht, 
weil ja die fassio perennalis nur unter öffentlichem Siegel ge- 
schehen konnte, demzufolge es sich immer herausgestellt hätte, 
dass das Gut ein Donationsgut ist. Wenn aber die fassio perennalis 
nur unter einem Privalsiegel geschah, so hatte dies nur die 
Kraft eines Pfandrechtes und blieb das Eigenthumsrecht unver- 
ändert. Dasselbe betrifft auch die avitischen Güter und Titel. 
58 I. des Werböczyschen Tripartitums zählt diejenigen ausdrück- 
lich auf, zu deren Gunsten getroffene Verfügungen nichtig sind. 
Prinzipiell war auch eine solche Verpfändung, welche einiger- 
massen dem römischen fiduciarischen Rechtsgeschäfte gleicht, 
ungiltig, <ioch zog das damalige Recht nicht immer die Kon- 
sequenzen seiner Normen, sondern Hess mehr-weniger Abwei- 
chungen zu imd wird es nicht überflüssig sein, auch diesen 
Konzessionen einen kurzen Blick zu widmen. 

Das Tripartitiun spricht wohl von »avitischen Liegenschaf- 
ten«, als es diese Ausnahmen behandelt, was aber ganz was 
anderes bedeutet, wie Donationen. Es kann jedoch aus drei Um- 
ständen gefolgert werden, dass diese Verfügungen sich auch auf 
die Donationsgüter erstreckten: 1. aus der ratio dieser Verfü- 
gungen, welche praktisch genommen bei den Gütern beider Arten 
richtig ist und demselben Zwecke dient, 2. weil der Titel 58 
des Tripartitums, welcher sich hiemit befasst, im vorangehen- 
den Titel von solchen Gütern spricht, wie in dem 5. Titel, näm- 
Uch von den den Donations^tem gegenüberstehenden Erwerbs- 
gütern und den folgenden Abschnitt als Gegensatz dessen hinstellt; 
3. schliesslich daraus, dass der angeführte 8. § für den Fall 
der nachstehend des Näheren zu erwähnenden fassio necessaria 
die königliche Genehmigung erlässt, diese fassio necessaria aber 
nur auf das Donationsgut sich beziehen kann, weil sie bei den 
übrigen Gütern ohnedies gegenstandslos wäre. 



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17 



III. 
WälircMid also aus der Natur des H(»iinfalles (jus dovulo- 
tioiüs) die vollkoiniinene Unveräusserlichkeil des Besitzes folgt, 
gab es dennoch Fälle, in welchen die V'eräusserung Wrksaüi! 
war. Das prakldsch'e Leben half sich nämlich über diese Schroff- 
heit derart hinweg, dass es einen Unterschied zwischen den Grün- 
don der fassio machte, und so entstanden die dreierlei Arten 
der fassio oder wie sie das Tripartituin in dem erwtähnten Titel 
nennt, der »possessionaria veuditio«. Diese Arten waren die fassio 
sijiiplex, die fassio rationabilis (utilis) und die fassio necessaria, 
welche Bezeichnungen Frank mit den Worten »unentschuldbare, 
entschuldbare und unumgängliche« wiedergibt, gleichzeitig hin- 
zufügend, dass diese Unterscheidung Werböczys bereits erloschen 
ist, weil »der Gerichtshof in jedem vorkommenden Falle den 
Umständen gemäss besonders urtheilt.« Zu den Zeiten Wer- 
b(")czys war jedoch nur die fassio necessaria unbedingt giltig, 
als deren Beispiel das Entkommen aus der Gefangenschaft des 
Feindes, wenn sie nur durch den Verkauf des Gutes möglich 
war, erwähnt werden kann. Bei der fassio rationabilis hingegen 
hat das freie Ermessen den grössten Spielraum, weil sie das 
einemal wirksam ist, das anderemal nicht. Hingegen hatte der 
Verkauf ohne berechtigten Grund (simplex fassio) »vor dem Ge- 
setze keinen Werth, sondern war einfach und direkt ungiltig 
und auch die Fassion kraftlos«. Was in solchen Fällen mit dem 
Helmfallsrecht der Krone geschieht, wie das Gut überhaupt je- 
mals dem Fiskus zurückfällt, hierüber spricht das Tripartitum 
nicht. Im Falle der fassio necessaria war nämlich nicht einmal 
ein regius consensus nöthig und hing auf diese Weise auch 
die Berechtigung des neuen Erwerbers, bei welchem das Gut 
zimn Erwerbe ward, mit welchem ein freies Verfügungsrecht ver- 
bunden war, nicht von der Krone ab. Später ward auch dieses 
Gut in den Händen der Nachfolger des Erwerbers zum avitischen 
Gute, niemals jedoch zu einem Donationsgute. Wir sehen also 
hier ehi avitisches Gut, welches nicht auch gleichzeitig ein Do- 
nationsgut war. Darüber hielten sich unsere Vorfahren nicht auf, 
dass sie nicht sämmtliche Konsequenzen irgend einer aufgestell- 
ten Rechtsnorm zogen; sie schufen vielmehr derart wiederspre- 
chende Rechtsinstitute, welche das Hauptinstitut vollkommen ver- 
deckten, so dass man am Schlüsse gar nicht sehen konnte, was 
dies eigentlich ursprünglich war. So geschah es auch mit dem 
Heimfalle. Die unterschiedlichen Erbfassionen wurden dermassen 
üblich, dass der Eintritt des Rückheimfalles an die Krone zur 
Seltenheit und aus der Regel eine Ausnahme ward. 



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18 



Auch diese rechtliche Inkonsequenz hatte jedoch ihren tief- 
liegenden Grund, welcher in der Schroffheit der Rechtsnonnen 
zu suchen ist, welche in speziellen Fällen unmöglich angewendet 
werden konnten. Es war eine Rechtsnorm, dass die Güter zu 
einem gewissen Zeitpunkte an die Krone zurückfallen, doch konn- 
ten im Leben Fälle eintreten, in welchen dies zu grossen Un- 
gerechtigkeiten geführt hätte, welche nur so umgangen werden 
konnten, dass man die Regel hier nicht anwandte. Man ergänzte 
also die mangelnde Elastizität der kodifizirten Rechtsnorm der- 
art, dass man sich nicht enthielt, dieselbe einfach beiseite zu 
legen. Die Rechtsbegriffe involviren als Verallgemeinerung(»n einer 
ganzen Menge nicht identischer Fälle stets mehr-weniger Schroff- 
heit, welcher nur durch Ausnahmen abgeholfen werden kann. 
Dies thaten auch die Alten und waren sie demzufolge juristisch 
häufig lillogisch. 

Die zweite Abweichimg bestand in dem Rechte des Be- 
sitzers, das Donationsgxit bis zur Kraft des öffentlichen Schä- 
tzungswerthes zu verpfänden, beziehungsweise die Pflicht des 
Fiskus, solche verpfändete Güter bis zur Höhe des öffentlichen 
Schätzungswerthes abzulösen. Die Quelle dieses Rechtszustan- 
des lag im 10. Titel I. des Tripartitums » . . . imo etiam pig- 
noris titulo nullam de eisdem (sc. possessionibus) fassionem ultra 
communem aestimationem eorundem faciendi habet faculta- 
tem... legitimo successore carens persona«. Hievon spricht auch 
der 60. Titel, welcher direkt ausspricht, dass gewisse Besitzrechte 
über der Höhe ihres öffentlichen Schätzungswerthes von Nieman- 
dem verpfändet werden können. Die Höhe dieser öffentlichen 
Schätzung (ihr Gegentheil war die Erbschätzung) war zur Ver- 
hinderung dessen, dass die Verpfändung (bei der Rücklösung) 
zu Wuchergeschäften benützt werde und dass bei der Auslösung 
grössere Schwierigkeiten auftauchen, mit einer fixen staatlichen 
Skala festgestellt, welche bezüglich vieler Fahrnisse und Liegen- 
schaften am Schlüsse des ersten Buches des Tripartitums be- 
sonders angeführt ist. Später setzte sich jedoch die Praxis auch 
hierüber hinweg, und biste der Fiskus auch die über der Höhe 
des öffentlichen Schätzungswerthes verpfändete Güter zurück. 
(Zsögöd : Vorträge.) 

Es muss hier noch des Treulohnes und des Mädchenvier- 
tels Envähnung geschehen, weil zur Sicherstellung der Heraus- 
gabe derselben mit dem Tode des Donatars das Gut selbst vin- 
kulirt blieb. Wenn nämlich bei irgend einem Donationsgute die 
Erbfolge abbricht und das Verfahren behufs Rückerwerbes des 
Besitzes beginnt, müssen die vorgehenden Organe vorerst prüfen. 



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19 



ob das Gut nicht auch der Mädchenlinie oder der Frau zusteht 
und wenn es sich ergab, dass das Gut thatsächlich der männ- 
lichen Linie gehört hat, »antequam de dominio dictarum pos- 
sessionum excludantur, per regiam majestatem vel alios ad quos 
repertae fuenint, esse devolutae de earu,m dotibus et juribus plena 
salisfactio inpendatur«. Zu Gunsten der Gattin beschwerte die 
Krone die Rücklösung des Gutes bis zur Höhe des Treulohns- 
betrages und zu Gunsten der Töchter bis zur Höhe der quarta. 
Die Witwe musste überdies nicht nur mit Geld befriedigt, son- 
dern solange sie nicht neuerdings sich verehelichte, ijm Besitze 
des Gutes belassen werden, was ungefähr soviel bedeutet, dass 
der Rückheimfall nur mit dem Tode der Witwe oder mit deren 
Verehelichung eintrat, aber auch in diesem Falle nur so, wenn 
keine ledige Tochter zurückblieb, denn wenn der Verstorbene 
auch eine ledige Tochter hatte, so war für dieselbe ein Viertel 
des väterlichen Gutes auszuscheiden, und blieb dieser Theil bis 
zur Zeit der Ausheiratung unberührt; falls sie nicht heiratete, 
so blieb sie bis zu ihrem Tode darin. Nur nach] der Verehe- 
lichung derselben fiel der Besitz an die Krone zurück, nach- 
dem diese das Mädchenviertel früher in baarem Gelde bezahlt 
hat. Es dürfte auch nicht zu den Seltenheiten gehört haben, 
dass der im Geldmangel befindliche Fiskus die Quarta eher in 
natura ausfolgte, als deren Geldwerth zu bezahlen. Ja sogar, 
wenn das Mädchen irgend einen schmucken, jedoch armen jungen 
Mann lieben gelernt hat, welcher ausser seiner Liebe nichts hatte, 
so musste derselbe — sagt Werböczy — »nach den Gepflogen- 
heiten des Landes in das als Mädchenviertel gebührende Gut 
mit ewigem Rechte eintreten und darin verbleiben«. 

Wenn wir also ein wenig tiefer in die Sache hineinblicken, 
so können wir sehen, dass der Rückheimfall eigentlich nicht 
im Falle des defectus seminis eintrat, sondern blos mit dem 
Tode der Familie des ohne Nachkommen verschiedenen Indi- 
viduums oder zumindest erst dann, wenn die Familie schon 
einigermassen versorgt war. Der Zeitpunkt des Eintrittes der Be- 
dingung verschob sich also, oder trat die Bedingung — wie 
im letzthin berührten Falle — mit Bezug auf einen Theil des 
Gutes überhaupt nicht ein. 

Welcher Zeitpunkt es ist, zu welchem der Heimfall des 
Donationsgutes eintritt, bezüglich dessen finden wir im 22. Titel 
des L Thedles des Tripartitums Aufklärung, wo Werböczy die 
Erklärung dessen gibt, was die Worte »per defectum seminis« 
im Donationsbriefe zu bedeuten haben. Er selbst erwähnt, dass 
diese Worte zu vielen Missverständnissen führten, nachdem es 

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20 



Leute gab, welche dies sehr weit ausgelegt hal)eii. »Per semen 
virilis dumtaxat seu masculinus sexus et iion femineus intel- 
ligitur« und eben darum wäre es überflüssig, den semen noch 
als männlichen zu bezeichnen. Die männliche Linie ist nämlich 
hierin ohnehin enthalten, weil es ein physiologischer Prozess 
ist, dass »aus dem überschüssigen Samen der Männer naturge- 
mäss meistens ein Sohn entsteht« und hierin liegt die Erklä- 
rung dessen, dass das Aussterben der Familie nur in Erman- 
gelung von männlichen Nachkommen eintritt. 

Die Investitionen, welche der Donatar oder seine Nachkom- 
men machen, konnten zum Beispiel die Mädchen selbstverständ- 
lich mit sich nehmen, ja sie konnten sogar nach Frank fordern, 
dass wenn der Transport mit unverhältnissmässig hohen Lasten 
verbunden w\äre, der Fiskus dieselben ablöse. 

Bisher hoben wir nur eine Seite des Heimfalles hervor, 
und zwar jene, welche dessen hauptsächlichen Charakterzug aus- 
macht und welche ihn zugleich vom Anfalle unterscheidet: dies» 
ist der proprio iure Erwerb. Struktuell ist dies der vollkommene 
Gegensatz dessen, was wir Anfall oder Erbfolge nennen. Die 
Erbfolge ist nämlich eine species der successio, der Nachfolge. 
Succediren heisst aber soviel, wie in irgend ein Rechtsverhältniss 
mit dem Rechte der früheren Person, d. h. jure alieno eintreten. 
"Was will dies bedeuten? Im Wesentlichen soviel, dass hier nur 
die Person wechselt, das Rechtsverhältniss selbst aber im sta- 
tusquo verbleibt, d. h., dass das neue Rechtssubjekt nur die- 
jenigen Rechte und Pflichten und so erwirbt, welche und wie 
sie ßein Vorgänger hatte. Hierin liegt der grösste praktische Un- 
terschiied zwischen Heimfall und Anfall, weil während es bei 
dem Heimfalle denjenigen, dem das Gut heimfällt, überhaupt 
nicht interessirt, wie sich der von ih!m darin befindliche gerirt 
und was dieser an seiner Stelle gethan hat, muss sich demgegen- 
über bei der Erbfolge der Eintretende mit seinem Vorgänger 
identificiren. sämmtliche transmissibilen Rechte und Pflichten mit 
dem Eintritte zu den seinigen machen, was übrigens durch den 
Eintritt ipso facto geschieht. 

Es kann sein, dass die Erbfolge blos ein nomen inane ist, 
weil zwar ein Nachlass vorhanden, jedoch die Schuld noch grös- 
ser ist und ich derart in keinerlei Berechtigung succedirt habe, 
sondern einfach zum Werkzeuge der Regelung der Verhältnisse 
des Erblassers ward. Urmiöglich ist dies aber bei dem Heim- 
falle, wo das jus devoluiionis für mich stets auch ein Vermögen 
bedeutet, welches ich erhalten werde, beziehungsweise welches 



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21 



schon mir gehört, wobei das Nutzungsrecht gegenwärtig aller- 
dings bei einem Anderen sein kann. 

Die deutschen Pandectisten, besonders Dernburg, unterschei- 
den ijn Durchschnitte des Rechtserwefbes zwischen originärer 
und abgeleiteter Rechtsnachfolge (unverbundene, originäre oder 
abgeleitete, derivative Succession, s. Dernburg, Pandecten I. S. 
181). Dde Rechtsnachfolge ist hach Deniburg originär, wenn die Be- 
rechtigung des Nachfolgers an imd für sich besteht, ohne ihre 
Rechtskraft dem Rechte des Vorgängers zu verdanken. Den Haupt- 
fall dessen bildet die Ersitzung. Das Eigenthujnsrecht des Er- 
sitzers basiert nicht auf dem Rechte des Vorgängers. Bei der 
abgeleiteten Rechtsnachfolge hingegen entlehnt der Nachfolger die 
Daseinsbedingungen seines Rechtes den Rechten des Vorgängers. 
l>ie die Rechte des Vorgängers betreffenden Schranken belasten 
auch den Nachfolger, d. h. wemi der Vorgänger blos ein an eine 
Bedingung geknüpftes Recht hatte, so wird auch der Nachfolger 
kein anderes Recht haben. 

Eine derartige originäre Art des Erwerbes ist auch der 
Heimfall und dennoch ist der Unterschied zwischen diesem und 
z. B. zwischen der Ersitzung ein auffallender. Der Heunfalls- 
berechügte ist im Falle des Rückheimfalls (heilige Krone) eine 
solche Person, dessen Recht ein ständig präexistirendes ist und 
seine Wirkung schon dann fühlen lässt, wenn das Gut noch 
in der Hand eines anderen ist. Sobald also der Rückheimfall 
eintritt, erwirbt die Krone kein neues Recht, wie der Ersitzer, 
sondern sie tritt in den Gebrauch ihrer alten Rechte und zwar 
ungeachtet dessen, welche Dispositionen die ihre Rechte inzwir 
sehen innegehabte Person traf. 

Bei dem Heimfall ist der Heimfallsberechtigte schon nicht 
sein eigener Nachfolger, aber auch nicht Nachfolger seines un- 
mittelbaren Vorgängers, sondern derjenige des Erwerbers. Die- 
sem gegenüber ist er ein wirklicher Rechtsnachfolger, weil er 
das Gut so und mit solchen Rechten beschwert erhält, wie und 
mit welchen es der Auktor, also jener Vorfahre besass, welcher 
zugleicli Vorfahre seines unmittelbaren Vorgängers war. Er ist 
jedoch kein Nachfolger gegenüber seinem Vorgänger, weil sich 
sein Recht nicht auf die Befugnisss des Vorgängers stützt und 
dasselbe auch hinsichtlich des Umfanges nicht deckt, sondern 
mit demjenigen des ersteren Auktors identisch ist. 

Schliesslich fällt bei dem Heimfall auch jener Unterschied 
weg, welchen wir ebenfalls bei Dernburg finden (Seite j82, An- 
merkung 4)^ nämlich ob es eine dingliche oder eine an die Per- 
son geknüpfte Aenderung ist, mit welcher der Berechtigte in den 



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Genuss des Besitzes tritt, weil — wie wir sehen werden — 
bei einem heimfallenden Gute sowohl die dinglichen, wie die 
persönlichen Dispositionen des Besitzers gegenüber dem Nach- 
folger, d. h. dem Berechtigten (bei dem Rückheimfalle gegenüber 
der Krone, bei dem Heimfall gegenüber irgend einem Abkömim- 
ling des Auktors) kraftlos sind. 

Der zweite unterscheidende Charakterzug des Heimfalls be- 
steht in der absoluten Schranke, welche an dem heimfallenden 
(Donations und avitischen) Gute haftet, nämlich dass der Vor- 
gänger mit dem Eintritte der Bedingung so ausscheidet, wie 
wenn er nie im Rechtsverhältnisse gewesen wäre, dass seine 
sämmtlichen Dispositionen auf einmal entkräftet w^erden, ihre 
Wirksamkeit verlieren und derjenige, dem das Heimfallsrecht zu- 
steht, das Gut in dem Zustande bekommt, respektive zurück- 
bekommt, in we^lchem es zur Zeit der Donation und in Händen 
des ersten Ahn(»n sich befand. Wir zögen bereits die praktischen 
Konsequenzen dieser These und wiesen nach, dass dies in un- 
serem alten Rechte nur cum grano salis zu nehmen sei und 
zählten jene Rechtsinstitute auf, an welchen diese Konsequen- 
zen scheitern. Stniktuell ändert dies jedoch nichts an der Natur 
des Verhältnisses und an dessen Gegensatze zu dem juristischen 
Wesen des Anfalls, bei welchem die Regeln der gewöhnlichen 
Rechtsnachfolge Anwendung finden. Den Anfallsberechtigten 
wird CS also interessiren, wie sein Vorgänger verfÜ2;t hat 
und wird derselbe auch hinhalten müssen, solange etwas von 
dorn Gute da ist. 

l'nser altes Erbrecht war von dem Rechtsinstitute des Heini- 
falis erfüllt. Tnler den Adeligen war eine Erbfolge in dem 
Sinne, wie wir dies heute nehmen, eine Seltenheit. Nur dei 
erste Nachfolger des Erwerbers war wirklicher Erbe, hingegen 
war jeder Spätere nicht mehr Erbe, nicht mehr Nachfolger des 
Verfahrens, sondern erwarb auf Grund scunes im Avitizitätsge- 
setze gesicherten Rechtes von dem Acquisitor. Dies betrifft auch 
die Güter der Leibeignen, nur dass hier der Grundherr der 
Acquisitor war, von welchem der Besitz dem jeweiligen Erben 
heimfiel. 

Bei den Gütern der städtischen Bürger trat die Erb- 
folge am klarsten hervor. Nachdem nämlich die Bürger der 
Städte gemeiniglich Ausländer waren, brachten sie ihr fremdes 
Recht mit sich, welches den Heimfall nicht kannte und eman- 
zipirten sich sozusagen von unserem einheimischen Rechte. Wenn 
bei ihnen die Familie ausstarb, erbte — falls sie nicht verfüg- 
ten — die Stadt. 



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23 



IV. 

Yvir erwähnten bereits, dass es Viele gibt, die den im 
Falle der Untreue (nota infidelitatis) eintretenden Anfall der Gü- 
ter mit dem im Falle des Aussterbens eintretenden Heimtalle 
idenlifiziren. Wir versuchen es im Nachstehenden zu beweisen, 
dass diese These auf einem Irrthume beruht, weil der im Falle 
der Untreue eintretende Gutswechsel ein ganz anderes Rechts- 
institut bildet, wie der andere und wollen beweisei\, dass die 
beiden ausserdem, dass stets der Fiskus das neue Rechtssubjekt 
ist, was jedoch auch bei dem Anfalle vorkommen kann, mit 
einander nichts gemein haben. 

Dio ratio legis der Untreue finden wir im 13. Titel I. des 
Tripartitums in Folgendem dargelegt: Ǥ 5: Et ne pravorum ho- 
miniim patrata malitia impunica relinqueretur, .... rursus ne 
fidelitas ac infidolitas siniile praemiura sortiretur, ad conteren- 
diim igitur infidelium proterwam et rebellionem, pravommque 
et flagitiosorum hominum male agendi licentiam reprimen- 
dam, maiores nostri non solum iura possessionaria aliquorum 
in semine (ut dictum est) deficentium, verum etiam contra statum 
publicum Rogni huius, ex eoque in dospectum dignitatis Regiae 
maiestatis contumacitcr sese erigentium ac alios j)raeter iuris 
aequitatom absolute, temerarieque turbantium ad sacram Coronain 
dicti iU^gni Hungariae consequenterque collationem regiam, etiam 
sui)erviventil)us illis devolvenda esse, tum iuris rigore f^xigente, 
tum vero reipublicae utilitate exposcente, commurii decreto san- 
xerunt, ac statuerunt: ut exemplo punitionis sceleratorum alii 
tiHTeanlnr, alii vero ad opera fidelitatis exercenda, atque pera- 
g-enda, si quibus forsitan talia bona coüata fuerint ferventius 
accendantur.« 

Das Erste, was hier ins Auge fällt, ist der erwähnte Inihum, 
wel(!hev also auf der kompetentesten und ersten Quelle basirt, 
tlass nändich der Fall des Aussterbens und die Untreue auch 
bei Werböczy auf eine Leiste gezogen sind. Uies darf jedoch 
nicht aus dem Worte Heimfall (devolvenda) gefoli^ert werden, 
weil Werböczy die Worte Heimfall, Nachfolge, Erbfolge, Anfall, 
ohnci jede Folgerichtigkeit gebraucht. Wir glauben uns nicht zu 
irren, wenn wir behaupten, dass weder Werböczy, noch sein 
Zeitalter, nocli seine Nachkommen diesen Unterschied zwischen 
Heimfall und Anfall kannten. Besser gesagt: Sie kannten den Un- 
terschied zwischen geschenktem, bezw. avitischem und erworbe- 
nem Gute und sie kannten die Wirkungen der das frühere binden- 
den dinglichen Schranke, den Heimfall selbst aber, als eine, von der 



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24 



orclnungsniässigen Erbfolge abweichenden Art des von Todeswo 
gen erfolgenden Güterwechsels kannten sie nicht. Nur bei Frank 
sehen wir diesen Unterschied, wenn auch nicht f?anz klar, aber 
dennocli wissentlich hervorgehoben, als nämlich Frank nach 
l^üfung der Erbfolge im avitischen Gute zur Schlnssfolgenuig 
gelangt, dass eigentlich jeder «Erbe» seine in solchen Gütern 
bestellende Erbschaft dem ersten Erwerber zu verdanken hat, 
weshalb der Erbe nicht Vertreter des letzten Besitzers, sondern 
Vertreter des ersten Erwerbers ist, was — um mit seinen Worten 
zu sprechen — «hinsichtlich der Tragung der Lasten und Schul- 
den sehi viel wiegt.» Auch das kaiserliche Patent über die Avi^ 
tizität ist in dem eben besprochenen Irrthume befangen, indem 
es «doji im Falle des Aussterbens und den im Falle der Untreue 
ehitretenden Heimfall» unter einem erwähnt. Das Tripartitum 
(I. 64) spricht z. B. von einem «der Art und dem Rechte der 
Erbfolge gemässen Heimfalls-Besitzrechte» und nennt den Fiskus; 
einigemal einen «gesetzlichen Nachkommen» oder sagt im an- 
geführten Titel: «Diese der heiligen Krone des Landes in Be- 
zug auf den Heimfall und auf den Anfall der Liegenschaften 
und Besitzrechte zustehende Rechtswirkung .... hat stets die- 
selbe Kraft, wie die gesetzliche Erbfolge.» Werböczy will hiemit 
offenkundig nur sagen, dass mit dem Tode (im Falle des Aus- 
sterbens) die Krone zur Eigen thümerin wird und nicht das, was 
er dem Wortlaute nach sagt, nämlich dass der Heimfall von 
erbrechthcher Wirkung sei. 

Die Alten kannten keine feinen Distinktionen, sie be- 
gnügten sich vielmehr, wenn sie ein neues Rechtsinsti- 
tut in eine bereits bestehende Gruppe einreihen konn- 
ten. St) erging es ihnen auch hiemit: sie idenfizirten dies mit 
der gesetzlichen Erbfolge des Fiskus und obgleich sie es stark 
betonten, dass die Krone Eigenthümerin jedes neuen Gutes ist, 
betrachteten sie die Krone dennoch als gesetzliche Nachfolgerin 
und begnügten sich auch die Juristen damit, den umgrenzten 
Verbotskreis zu bezeichnen, ohne das Wiesen desselben eingehend 
zu analysiren. 

Der letzte Paragraph des oWgen Titels stellt die Rieh- 
tigkeii dieser Ausführungen ausser Zweifel. Dieser Paragraph 
spricht nämlich davon, dass dem nur seit Ludwig dem Grossen 
so sei, wie es eben ist, dass früher die freie Disposition der 
Edlen bestand und die «oberwähnte Rechtsobrigkeit nur in dem 
Falle Platz griff, wenn jemand ohne Erben, in ßrmangelung jeder 
Verwandtschaft und ohne Hinterlassung eines Testamentes starb». 
Dies ist aber ein kolossaler Irrthum, weil diese «erwähnte Rechts- 



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obrigkeib) früher niemals besUiiid, niemals bekaimt war. Wahr 
ist nur soviel, dass in den erwähnten F'ällen der Fiskus einfach 
jreerbi, niclil aber jure proprio erworben hat. Freilich ist dies 
im Lndresultate auch ein jure proprio Erwerl), wie ja der Staat 
auch heute jure proprio erwirbt, aber nicht in dem Sinne, wie 
im Falb» des Heimfalls. Schliesslich gehört ja in ultima arialysi 
alles deni Staate und gibt es überhaupt kein individuelles 
Eigenthum, weil ja der Staat, wenn es ihm beliebt, 
auch heute aussprechen kann, dass jedes Gut ihm gehöre 
und seine Mitglieder blos ein (i<Miussrecht haben. Vor dem Jahre 
1351 war der F/iskus blos ein Erbe, welchen als solchen dio 
Disposilionen des ohne Vorwandten Verstorbenen gebunden ha« 
ben, umsomehr, weil ja diese Dispositionen den Eintritt dieser 
Succession geradeso überhaupt ausschliess(*n hätten können 
Die auf den Heimfall bezügliche Rechtsobrigkeit der Krone list 
aber demgegenüber ein solches Imperativum, welches beliebige 
Dispositionen ausschliessl, insofern nicht diesbezüglich eventuell 
mit späterer Genehmigung eine Ausnahme statuirt wurde. Der 
LJegüustigte war auch im Falle einer solchen Genehmigung kein 
Erbe des Verstorbenen, sondern Donatar der Krone, welche den 
Zeitpunkt des Eintrittes der Bedingung abänderte, beziehunggs- 
weise eine neue Bedingung stellte. 

Aber auch die gemeinsame und gleiche Regelung des im 
Falle des Aussterbens und im Falle der Fntreue eintretenden 
Gutswechsels spricht unbedingt dafür, dass die beiden Verhält- 
ijissc struktuell nicht unterschieden, sondern vielmehr ausdrück- 
lich idenlifizirt wurden. 

Hiomit glaube ich nachgewiesen zu haben, dass Werböczy 
niemals zur Erkenntniss gelangt sei, wonach Heimfall und Erb- 
folge völlig" abweichende Rechtsinstitute sind, welche ausser dem 
einzigen Berührungspunkte, dass sie für den Todesfall lautende 
Verfügungen sind, gar keine gemeinsamen Züge aufweisen. 

Der Weg, den wir angetreten, führt zur Erkenntniss der 
Untreue. Wollen wir also auf ihn zurückkehren, um ganz genau 
wahrzunehmen, worin dieselbe besteht. Bisher hatten wir blos 
ilie ratio legis des (lesetzgebers gelesen. Die Fälle der Untreue 
zählt das Tripartitum im 14. Titel des I. Theiles auf und ge- 
hören hauptsächlich jene strafbaren Handlungen hieher, welche 
gegen, die Person des Königs, gegen die Verfassung oder gegen 
die öffentliche Macht verübt werden, und welche wir heute unter 
den Kamej. öff(»ntliche Urkundenfälschung, Geldfälschung, ge- 
iührdende Verbrechen u. s. w. kennen. Die Aufzählung ist eine 



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20 



taxative, offenbar aus dem Grunde, weil es mehr Garantie gegen 
die Willkür bot, wenn solche, mit schweren Strafen belegte Hand- 
lungen im Vorhinein ziffermässig festgestellt waren. 

Nun taucht die Frage auf, welche Strafe denjenigen traf, der 
das Verbrechen der Untreue beging. Der 14. Titel, I. Theil des Tripar- 
tilums antwortet auf diese Frage wie folgt: «in quibns (sc. casi- 
biis) regia majestas bona aliquorum eisdem superviventibus, qui 
voluerit de jure libereque donandi habet facultatem.» Das Ver- 
mögen, des rntreu(Mi wurde also konfiscirt ,mid erhielt darüber 
der Kr>ni<: schon zu Lebzeiten des Verurtheilten freie Verfügung. 
Eeirierkenswerth ist, dass es sich hier um «Güter» handelt, wor- 
jais mit Recht geschlossen wenlen kann, dass der Verurtheilte 
alle seine Güter, also sein ganzes Vermögen verliert. Im 16. 
Titel kr^nnen wir ebenfalls sehen, dass da von dem Verluste 
der «Kr!)schaft» die Rede ist, dass also der Betreffende «alle 
seine liep;eiiden Güter und Besitzrechte verliert und dass der von 
diesen !iei:ond(M^. Gutem und Besitzrechten einem solchen Un- 
treuen zusleiuMide Antheil, dessen Söhnen niemals wieder an- 
fällt./) Dieser letztere Satz sagt offenbar wieder etwas anderes, 
indem er von der dem UntreucMi zustehenden Portion spricht, 
was nichts Anderes sagen will, wie dass im Falle der Untreue 
nuT die l^orlion d(»s Verl)rechers konfiscirt .wird. Was nedeutet 
aber di(»s und wie vermochte man die Grösse ilieser Portion 
feststellen? Die Antwort hierauf suchen wir vergelxms. Worin 
mochte die Porti()n d(*s Erwerbers eines Donationsgutes bestehen, 
wo doch (las ganze Gut seine Portion war? Wir können uns 
daher nichts anderes vorstellen, als dass man erst einen Theil als 
Mädchenvierlei, einen Theil für die Witwe, und ebenso für die 
S(')hne ausschied. Oder gab es vielleicht auch hiefür eine fixe 
Skala. 

Di(^ Untreue^ Hess also die Existenz der Familie* unberührt. 
V^roil die F;iniili(» trotzdiMii das ihrijrc* bekam, wenn auch nicht 
das Ganze, was sie bekommen hätte, wenn die Missethat nicht 
erfolgt wäre, sondern nur mit Abzug der Portion des Schuldi- 
gen. Die Avitizität berührt dies nur insofern, als auch d(»r Heim- 
fall rasclier eintritt, weil das Gut nicht an der Hand des jetzigen 
Besitzers bleibt und auch nicht blcMben kaim, da ja die Untreue 
die Todesstrafe nach sich zieht, der Untreue* aber, selbst wenn 
diese nicht eintreten sollte, jedes Rechtes betreffs dieser Güler 
Verlust i}i wird 

Vergleichen wir nun nach alldem den «Heimfall», welcher 
im Falle der Untreue und denjenigen, welcher im Falle des Aus- 



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Sterbens eintritt. Die im Falle der Untreue eintretende Aondomng 
bedeutet eine strafweise Konfiscation, eine Art der Strafe, welche 
gar häufig vorkam, bis maii schliesslich zur Einsicht ge- 
langte, dass diese Strafe eine sehr ungerechte sei, in erster 
Linie dnruni. weil sie die unschuldige Familie des Schuldigen 
trifft Der Verbrecher büsste nämlich seine Schuld in der über- 
wiegenden Mehrzahl der Fälle mit seinem Kopfe und konnte ihn 
also die Strafe der Vorarnuing nicht mehr treffen. Auch unsere 
Ahnen scheinen dies eingesehen zn hHben, weil sie die Kon- 
fiskation nur auf die Portion des Schuldigen beschränkton und 
auf diese Weise wenigstens die Existenz der Familie sicherten. 
Diese Art der Strafe ist auch in unserem heutigen Rechte be- 
kannt, allerdings in einer ganz milden Ausgabe, nämlich haupt- 
sächlich im Falle der Einschmuggelung von gefälschten Lebens- 
mitteln und von Waaren, welche Gegenstände riines Monopols 
bilden. Demgegenüber sahen wir, dass im Falle des Aussterbens 
blos eine immer bestandene, jedoch ruhende Berechtigung frei 
T;ard. 

Auch die Qualität des Gutes war bc^langlos. Ob das Gut 
ein erworbenes, oder ein geschenktes war, ja sogar bei städti- 
schen Bürgern — wo es ja Donationsgüter überhaupt nicht ^ab 
-- blieb dies belanglos und kam das Vermögen im Falle der 
Schuldigkeit zur Konfiscation. Dies war aber auch ganz natür- 
lich, weil es für allerlei Schuldige gleichsam e^ine Strafe be- 
deutete, wenn man ihnen das Vermögen entriess, wie immer 
dasselbe geortet war. Wie wir aber sahen, erstreckte sich die 
Konfiscation nicht auf das ganze Gut, sondern blos auf einen 
Theil desselben. 

Die beiden Rechtsinstitute unterscheiden sich von einander 
auch darin, dass der «Heimfall« ex defectu seminis, als solcher 
ein Rechtsinstitut mortis causa ist, boi welchem also ebensj, 
wie bei der Erbfolge der Tod des Donatars nöthig war. Die 
Konfiscation hingegen konnte auch zu Lebzeiten des Verurtheil- 
ten eintreten und trat auch thatsächlich ein, weiui dieser auch 
am Leben blieb und stand es dem König frei, das Gut noch 
zu Lebzeiten des Schuldigen gesetzmässig einem Anderen zu 
schenken. Unser Endresultat besteht also darin, dass auch die Un- 
treue eine Art des Anfalls, also eine wirkliche i:Succession bil- 
det und zwar eine Succession puniendi causa, welche sich aber 
strukluell von den anderen Successionen nicht unterscheidet und 
daher ein von dem Heimfalle gänzlich abweichendes Rechtsin- 
stilut bildet. 



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28 



AVir sahen in dem Obigen den Inhalt des Heinifalls, wel- 
cher auch das absolut wirksame Veräusserungs- and Belastungs- 
vcrbot enthielt, solange nämlich der Besitzer am Leben war, 
nachher aber die intestate Erbfolge, welche eine für den Todes- 
fall lautende Disposition ausschloss. Der eigentliche Zweck des 
Rechlsinstitutes bestand in dem letzteren, nämlich in der Siche- 
rung ejner gewissen Erbfolgeordnung, oder vielmehr eines für 
den Todesfall lautenden Gutswechsels und zu 'liesem Ziele führte 
der Wep; des Veräusserungsverbotes. Das letztere ist ein blosses 
Mittel; denn wie sollen die hiezu Destinirten nach dem Tode 
dos Besitzers den Besitz erwerben, wenn sie nicht einmal wis- 
sen, in wessen Hand sich das Gut befindet und wenn sie auch, 
falls sie dies wüssten, nichts thua könnten, weil es ja der jetzige 
F.i[£enthümer rechtskräftig erwarb. Zu diesem Behufe war das 
(linfflich wirksame Verbot nöthig, selbst in Fällen, wo es etwa 
irgend (»inem Besitzer gelungen wäre, in fraudem posteriorum 
v(?l coronao das Gut zu veräussern, damit es die Berechtif^ten 
zurückerstehen können sollen. 

Dieser Faden der Erbfolge führt bei dem Donationsgute bis zur 
Hand der Krone, d. h. mit dem Eintritte der Bedingung fiel 
düs Donationsgut an die Krone zurück. Wir müssen nun seheu, 
wie dieser Faden bei dem avitischen Gute im vorhinein festge- 
stellt war. Das diesbezügliche Grundprinzip ist im ±7. Ti^el 1 
des Tripartitums niedergelegt und betrachtete i^nan diese Stelle 
als solche, welche eine den speziellen nationalen Charakter tra- 
gende Regelung unseres alten Erbrechtes ist. (Zsögöd : Vorträge.) 
«Sola enim sanguinis propago et fraternalis mutua divisio (.*fficit 
ex se mutuam et reciprocam bonorum in alterutrum condescen- 
sionem atque devolutionem.» Dieser Satz ist eigentlich nichts 
anderes, wie der Grundgedanke des Erbrechtes. Es ist für den 
Erwerber eine ethische Belohnung, wenn er in dem Bewusstsein 
sterben kann, dass die ihm am nächsten Stehenden seine Güter 
als Frucht seiner Arbeit bekommen. Die Nähe aber ist auf die 
Abstammung von seinem Blute basirt. Seinen Nachlass werden 
diejenigen geniessen, die mit den engsten Ketten der Blutsver- 
wandtschaft an ihn geknüpft sind. 

Werböczy spricht von einem Uebergang und einem Heim- 
fall der Güter, worüber wir bereite versucht haben nachzuweisen, 
dass er den Unterschied zwischen den Beiden nicht kennt. Der 
Tebergang (Erbfolge) der Güter war zwischen den Adeligen, auf 
welche sich dies bezieht, eine Seltenheit, weil nur die unmit- 



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29 



telbar nach dem Erwerber kommenden Erben sind und auch 
diese nur hinsichtlich der nicht geschenkten Güter. Die übrigen 
aber sind schon keine Erben, ebenso wie die Krone im Falle 
des Aussterbens keine Erbin ist. Der Heimfall der Güter an die 
Krone hat in der Gruppe der «sanguinis propago» keinen Platz 
und dennoch hielt man das «Erbfolgerecht» der heiligen Krone 
für zweifellos. Wenn wir aber das Oberwähnte vor Augen hal- 
ten, steht diese Durchbrechung der Regel ganz klar vor uns. 
Es gibt aber auch eine andere Ausnahme von dieser Regel, im 
Falle welcher die Güter auch ohne Blutsgemeinsamkeit heim- 
fallen und ergibt sich dieser im 48. Titel des Tripartitums er- 
w^ähnte Fall dann, wenn die Namen des Mannes und der Frau 
im Donationsbriefe beisammen fungiren; in diesem Falle werden 
die beiden auch nach einander erben. Dies ist bereits eine ent- 
schiedene Durchbrechung der «sola enim sanguinis propago». 
Werböczy erklärt dies aus dem Wesen des Verhältnisses, wel- 
ches stärker sei, als das geschwisterliche Band. 

Die obige These bedeutet auch die Ausschliessung 
der Testirungsberechtigimg, weil auch der in dem Gesetze 
bezeichnete Faden der intestaten Erbfolge ein Imperativum 
ist, welches von privater Disposition nicht berührt wer- 
den kann. Dieser Faden führt aber zuerst zu den Kin- 
dern des Verstorbenen, welche die Güter ihres Vaters zu 
gleichen Theilen erhalten. (Trip. I. 40.) Von diesen fällt dann 
das Gut abermals den Nachkommien zu und falls der Verstor- 
bene keine Nachkommen hätte, «sofort dem ihn überlebenden 
und mit Erben gesegneten Elternkinde» heim, wenn nämlich die- 
selben den iVntheil beweisen können. «Nach dem Erlöschen einer 
Linie fällt das Gut denjenigen heim, die hinsichtlich der Thei- 
lung einer näheren Linie angehören, wobei es manchmal gesche- 
hen kann, dass jemand, der hinsichtlich des Verwandtschafts- 
grades ferner steht, einem anderen Näherstehenden zuvorkommt.» 
(Frank: S. 506.) So wie also das Gut vor der Vornahme «der 
Theilung gemeinsam der Familie gehört hatte, also gemeinsam 
war, so blieb es auch nach vorgenommener Theilung gemein- 
sam imd aus diesem Grunde fiel die dem ohne Erben 
Verstorbenen zugewendete portio den theilenden Eltem- 
kindern zu. Was wir unter Geschwistern verstehen müssen, be- 
züglich dessen entscheidet die Beschaffenheit des Gutes, näm- 
lich ob das Donationsgut blos den Söhnen oder auch den Töch- 
tern zugedacht war und beziehungsweise ob das Gxit kein er- 
worbenes war, wobei hier unter Erwerb das Gegentheil der Do- 
nation zu verstehen ist. Im letzten Falle, sowie im Falle der 



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30 



beiden Linien zugewandten Donation konnten Söhne und Töchter 
gleichsam theilen. Eine Ausnahme erwähnen die 41. und 42. 
Titel des Tripartitums, nämlich dass das. Wohnhaus des Vaters 
des Verstorbenen, sowie die Bew^ahnmg des Familienarchives, 
welche dem jüngsten und beziehungsweise dem ältesten der Ge- 
schwister zustand, hier nur den Söhnen gebühren kann. 

Wenn der Donationsbrief nur zu Gunsten der männlichen 
Nachkommen lautet, bekomimen die Töchter von dem Gute al> 
intestato keinen Theil, — mit Ausnahme der Auszunehmenden. 
(Mädchenrechte.) Ein solches Gut ist aber gegenüber der Familie 
in der Hand des ersten Erwerbers ein erworbenes, d. h. er 
konnte hier disponiren, wie es ihm gefiel, und konnte also zum 
Beispiel das Gut den Söhnen und Töchtern zu gleichen Thei- 
len hinterlassen. Diese Disposition konnten die Söhne nicht an- 
fechten, weil das Gut in Händen ihres Vaters kein avitisches 
war und hatte auch die Krone nichts dreinzusprechen, weil ihr 
Recht nur im Falle des defectus seminis zu neuer Kraft gelangte. 
Nachdem aber noch Söhne vorhanden waren, galt diese Ver- 
fügimg auch gegenüber dem Fiskus. Hier stehen sich also die 
Klausel des Donationsbriefes und die Disposition des Erwerbers 
gegenüber und kommt die letztere zur Geltung. Die Geltung die- 
ser Verfügung währte selbstverständlich nur insolange, als die 
männliche Linie nicht ausstarb, weil sobald dies geschah, die 
Töchter in den Hintergrund treten mussten und die Krone das 
Gut zurücknehmen konnte. 

Konnte das Gut auch den Aufsteigenden heimfallen? Hier 
müssen wir wieder den oberwähnten Unterschied zwischen den 
Gütern beachten. Ein Donationsgut konnte niemals an die Auf- 
steigenden übergehen, w^eil die Klausel des D,onationsbriefes immer 
nur von heredibus et posteritatibus spricht, worunter ausschliess- 
lich Abkömmlinge, Nachfolger zu verstehen sind. Hingegen stand 
dem nichts im Wege, dass ein avitisches Gut, wenn es kedn 
Donationsgut war, gerade auf Grund der Gegenseitigkeit in Er- 
mangelung von Nachkommen ztirückfalle, beziehungsweise das 
nicht avitische, erworbene Gut auch bei dem Vorhandensein von 
Nachkommen nebst ausdrücklicher Verfügung von den Aufstei- 
genden geerbt werde. 

Wir erwähnten bereits, dass der Heimfall ebenso eine mor- 
tis causa successio sei, wie die Erbfolge und dass es also in- 
solange keinen Heimfall gibt, als der Besitzer am Leben ist. 
Diese unsere These widerspricht dem 51. und den folgenden 
Titeln des Tripartitums. Die Vornahme der Theilung, beziehungs- 
weise die Ausfolgung des Antheils kann nämlich in gewissen. 



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Fällen aucli zu Lebzeiten des Besitzers Platz greifen. EKmu Vater 
steht das Recht zu, den Sohn '}n den im 52. Titel aufgezählten 
Fällen zur Vornahme der Theihmg zu zwingen und umgekehrt 
dem Solme, den Vater in dem im 53. Titel angeführten Fällen zur 
Theilung der Liegenschaften und des Vermögens. Am plasti- 
schesten tritt dies in dem diesbezüglichen Gutachten Franks her- 
vor. «Es muss zugestanden werden, dass die Lehre Werböczys 
auf sehr schwachem Fussc» steht, weil 1. jede Erbschaft nur 
im Todesfalle anfällt, von einem Lebenden aber keine Erbfolge 
ausgehen kann, 2. weil einem schuldigen Sohne eine Strafe ge- 
ziemt und nicht ein Antheil. Hinsichtlich der väterlichen Irr- 
thümer hat aber das Gesetz anders verfügt . . . Werböczy scheint 
das römische Gesetz befolgt zu haben, in welchem die Enter- 
bung aus ähnüchen Gründen, aber doch anders vorkommt. Die 
Sache passte jedoch nicht zu den entgegengesetzten Gepflogen- 
heiten unseres Vaterlandes. Man kann auch nicht behaupten, dass 
die Nation Werböczys Ansicht (ausser den Büchern, in derThat) 
recipirt hätte». 

Wenn wir weissen, dass die Fälle der Theihmg sämmtlich 
Missethaten sind, w^elche besonders zu jener Zeit sehr schwere 
waren, so ist die X'^erfügung des Tripartitums wahrhaft unver- 
ständlich. Der Sohn verübt gegen seinen Vater einen Mordver- 
such und die Folge dessen soll .sein, dass er seinen Antheil, 
welcher ihm nur nach dem Tode seines Vaters zugestanden 
wäre, herausbekommt : dies scheint ganz absurd. Und hiebei hebt 
das Tripartitum besonders hervor, dass der Vater den Sohn nicht 
enterben karm; er kann ihn w^ohl vermöge seines gesetzHchen 
Rechtes züchtigen und sogar einsperren lassen. Ist es denkbar, 
dass je ein solcher Brauch bestand? Achten w^ir nur auf die 
Fassimg: «Pater potest filium ad divisionem hereditatum et ali- 
arum rerum oompellere». Der Vater kann dies thun, er kann 
aber dazu nicht gezwungen werden. Es ist wahrhch undenkbar, 
dass solche Gründe, welche die gerechte Ausschliessung aus 
der Theihmg nach sich ziehen, wie dies im römischen Rechte 
der Fall ist, dass solche Gründe die vorzeitige Ausfolgung des 
Antheiles nach sich ziehen sollen. Der Sohn ist mit allem im 
Status quo verblieben und hatte es nur in dem einen besser, 
dass er seine portio früher herausbekam. Es kann nicht anders 
sein, wie dass — wie dies auch Frank behauptet — die Na- 
tion niemals annahm. 

Ein solches Recht des Sohnes bleibt aber auch in dem 
Falle unbegtündet, wenn der Vater sich nicht so aufführt, wie 
es sich schickt. Es standen g<^nug Mittel zur Verfügung, mit. 



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welchen dor Sohn in solchen Fällen seine Inleressen vertheidi- 
gen konnte, wie ziun Beispiel die S[)erre, die Suspendirung der 
väterlichen Macht ii. s. w. Es ist wohl wahr, dass in diesen 
Fällen nur das avitische (Uit zur Vertheilung gelangte und nicht 
zugleich auch das erworl)ene, al>er selbst in diesem Falle konn- 
ten dies der nüchterne Verstand und die Scharfsicht der unga- 
rischen Nation unmöglich acceptirt haben. Nicht gering dürften 
jedoch auch die Schwierigkeiten gewesen sein, welche sich der 
Ausführung in den Weg gestellt hatten. Der Vater hat beispiels- 
weise blos einen Sohn, welcher ihn zur Theilung zwingt. Er 
gibt nun den Antheil hinaus, dessen Gnlsse — nehmen wir an 
— auf irgend eine Art festgestellt war. Inzw^ischen kommt nun 
ein anderer Sohn zur AVeit. Quid nunc? Es bleibt nichts anderes 
übrig, wie den ausgefolgten Antheil zurückzufordern und eine 
neuerliche Theilung vorzunehmen. Der Sohn kann aber auch einen 
Theil verschwendet haben (Ausflüchte fanden sich auch) u. s. w. 
u. s. w. 

All diese Verfügungen kömien nicht anders erklärt wer- 
den, als dass sie unrichtig aufgefasste Nachahnmngen eines 
fremden Rechtssystems waren, welche stets nur auf dem Papier 
blieben. 

So fand die Verhältnisse der G.-A. 15 vom Jahre 1848, 
welcher «die vollständige und vollkommene Aufhebung der Avi- 
tizität» anordnet. Üb die Verfügung des Gesetzes wörtlich zu 
nehmen sei, oder ob sie blos die Intention desselben bedeute, 
ist strittig. Sicher ist hingegen, dass das Gesetz blos die Be- 
freiung des Verkehrslebens von den in der Avitizität enthaltenen 
Fesseln bezweckt hat und das dieser 'Zweck durch die Frei- 
sprechung der Dispositionen zwischen Lebenden erreicht war. 
Es steht auch fest, dass in unseren damaligen Reformbewegun- 
gen nirgends eine Spur der Bestrebung zu finden ist, unsere 
Erbgesetze abzuändern. (Mot. zum Entwürfe eines ungarischen 
bürgerlichen Gesetzbuches V. B. D. 36. S.) Die Verkehrsfrei- 
heit war nur durch die inter vivos bestehende dingliche Schranke, 
das blosse Mittel der Sicherung des Heimfallsrechtes, gehemmt 
und hatte die Aufhebung dieser Schranke das individuelle Eigen- 
thum bereits befreit, beziehimgsweise erschaffen. Die imter dem 
Vorsitze des Judex curiae abgehaltene Konferenz, deren Aufgabe 
es war, unsere alten rechtlichen Institutionen mit dem modernen 
Fortschritt in Einklang zu bringen, hob diese dingliche Schranke 
ausdrückUch auf, räumte aber zugleich mit dem Wesen unseres 
alten Systems bei der Regelung der Erbverhältnisse gründlich 
auf. Die Konferenz hob den Heimfall des avitischen Gutes gänz- 



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lieh auf, wodurch das Chit aufgehört hat Familieiieigenthum zu 
sein und als individuelles Eigenthum in dem Rechtskreise der 
Person zur vollkommenen Auflösung gelangte. Nicht des ersten 
Erwerbers (Acquisitor) Vermögen fiel dem Nachkommen zu, son^ 
dem das Vermögen des unmittelbaren Vorgängers, dessen Rechts- 
nachfolger wirkhcher Erbe ist. Es ist auch nicht das a\atische 
Gut selbst, was den Gegenstand der Erbfolge bildet, weil der 
Eigenthümer mit diesem machen kann, was ihm gefällt, son- 
dern blos der Werth des Gutes und auch dieser ist nur in dem 
Falle Gegenstand der Erbschaft, wenn dies dem Erblasser be- 
liebt, welcher — wenn er will — mit einer für den Todesfall lau- 
tenden Disposition sämmtliche vormals imperativ bestandene Fa- 
den der ab intestato Erbfolge abschneiden konnte. Es kann nicht 
unser Zweck sein, diesen Verfügungen hier ausführlichere Erör- 
terungen zu widmen, weil diese in dem kontemplirten engeren 
Rahmen kaum Platz hätten, sovdel müssen wir aber jedenfalls 
konstatiren, dass dasjenige, was die Konferenz von imserem 
alten Erbfolgesystem übrig Hess, sozusagen auf nichts zusammen- 
geschrumpft ist und können wir füglich behaupten, dass die Be- 
stimmungen des G.-A. 15 vom Jahre 1848 wörtlich zur Voll- 
streckung gelangten. 

Auch der auf dem Donationsgute basirte Unterschied er- 
losch gänzlich, weil das Avitizitätspatent, obgleich es vom Jahre 
1852, derzufolge Rechtskontinuität bei uns niemals in Geltung 
war, dennoch auch heute noch rechtskräftig ist, weil es durch' 
den § 20 der Jurisdiktionsnormen der Konferenz ins Leben ge- 
rufen wurde. Der erste Paragraph dieses Patentes verfügt über 
das Donationsgut folgendermassen : «Das im früheren ungarischen 
Staatsrechte bestandene System der Donationen ist ausser Kraft 
zu setzen und wird das aus diesem System, in Folge Erman- 
gelung von dem Donationsbriefe entsprechenden Erben und der 
in den bisherigen Gesetzen bezeichneten Untreue abgeleitete 
Heimfallsrecht (successio fisci regii ex defectu vel ex nota) auf- 
gehoben». Und ebenso verfügt diesbezüglich auch § 3 der Nor- 
men der Konferenz. Wir können also ohne Zögern behaupten, 
dass daci hier besprochene fundamentale Institut unseres alten 
Rechtes blos als eine geschichtliche Reminiscenz aber nicht als 
Rechtsinstitut von praktischem Werlhe Bedeutung hat. 

VI. 

Als Livius bei der Verfassung seiner Geschichte bei dem 
21. Buche derselben angelangt war, bat er seine Leser, dass 
es ihm gestattet sei, die Gründe zu unterbreiten, welche ihn zur 

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Abfassung seiner Gesrliichte bewogen, ob«;leich er dies eijrentlichl 
schon zu Betriini dos ersten IJuches thnn hätte solhui. (Dies war 
wohl iiisofcTn überflüssijii:, als das L(^s(mi der vorangehcMiden Theile 
dieses ansjrezeichnelen Werkes d'w l](T(M-hligung der A])fassnng 
desselben vollkonnnen b(»wi(»s.) 

Es sei uns nielit als Unl)(»s('hiMd(Miheit angerechnet, wenn 
wir bei dcM* Abfassmig dieser Studie nacli dem Heisi>iele des 
grossen Meisters liier ain Sclüussc^ uns(M*e piaefatio vorlegen, 
was wir eigentlich schon aui Anl'aim^» Ihun hätten sollen. Am 
Ende unserer AusführungiMi sind wir nämlich xur Konklusion 
gcdangt, dass der Heinifall heul(^ IxM-eils gar kiMue praklische 
Bedeutung hat und karni (lali(M* sehr leicht (li(^ Fragr auftauchen, 
wozu man sich mit (mucmu [{(H'hlsinslilutc befassen soll, wel- 
ches der praktischen Bcdcmluug (Mitl)(dirt. Es ist wohl nicht un- 
interessant, unsere U<'cbtsinslitule IcMÜglich vom rechtshistorischen 
(iesichtsi)unkl(» zu unlcM'suchen, doch schulden wir an dieser 
Stelle das (Jeständniss, dass uns nicht diese Absicht geleilet hat, 
oder wenigstims dass (^s nicht unser diri^kter Zweck war, uns 
mit Rechtsgeschichte zu befassen, «\icht s(»lt(Mi wirft aber das 
Alterthum auf das lelx'ude (Jc^scHz vollkonnnen(»s Eicht», wie Frank, 
unser ausgczcüchneter Jurist, im Vorworte sciiu^s ul\r)zigazsag» 
sagt, um die BercM'htigung dessen zu begründ(Mi, dass er sich 
mit deui alten Hechte befassl. Kann diesc^r ]]eweggrund auch 
unter unseren Verhältnissen angeführt w(M-d(Mi? Ensere obigen 
Ausführungen schcMnen diese l^'rage zu verneinen, weil wir ja 
zur Schlussfolgerung gelaniil sind, dass diese Thes(^ in unserem 
neueren B(H'ht(» kaum zutrifft. 

Trotz alle(l(Mn war es vielleicht ni(M)ials z<vitg(Mnässer, uns 
mit unserem einheimischen Hechte gründlicli zu befasscMi, wie 
gerade heute. Wir leben im Zeitalter d(»r Kodifikation. Von allen 
Seiten ertr)nen fieberhafte ErgcMizen, laute Klagen und migedul- 
digc Erwartungen. ErgenzcMi, dass die brennenden Fragen er- 
schöpfende und einhcMiliche llegelung (Erhalten, Klagen, w^eil un- 
sere Judikatur in Folge des unkodil'icirten R(H'ht<'s Scliwankun- 
gen und Ensicherheit aufweist, und Hoffnungen auf ^nne bessere 
Zukunft, l)ei dereii Verwirklichimg die Kodifikation (»ine der ersten 
Rollen spielen muss. Euter solchen Umständen ist es ül)eraus 
erwünscht, bevor wir ein Wort endgiltig aussprechen, wenig- 
stens einen Blick auch hinter uns zu werfen und unser Augen- 
merk nicht blos dem um uns herum Bestehenden zu widmen. 
Und ebenso wie der übertriebene Konservativismus des Gesetz- 
gebers ein grosser Fcdder ist, ebenso wie dieser bei der Schaf- 
fung praktischer (Jesetze niemals zum ausschliesslich leitenden 



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Prinzii,(» wer(l(Mi darf, oIhmiso wän» os ein F(^lil(4\ uns über die 
Traditiunei» (einfach hin\v<'<2^/.us(Mz(Mi, ohn(^ vorher jedes Koni der- 
selben kritisch durchzusieben, Ix'vor wir (»s verwerfen. Wir kön- 
nen unser alles Recht b(M (h'r Krrichluniz; unseriös neuen l)ün^er- 
lichen (ieselzbuches keinesfalls unbeachtet lasscMi, weil objijleich 
unsere Lebensverhällnisse l)edeutende Aenderuniren erfahren und 
obgl(Mch mit denselben auch das H(Mht sich ändern nuiss, diese 
Aenderun^(*Ji stets im Kitiklantrc* mit einandei' vor sich gehen 
müssen und kinuien wir nicht völliü uchk» und mit den für uns 
fremden \ Crhältnissen in [{elation stidicnde Hechte rcM-ipinMi. ohne 
uns hiemil schweren KrschülterungiMi auszusetzcMi. 

l'nd thats;ichli(di : woim wir die. \'orarbeiten unseres G(*- 
setzbuches, besondcM's in ihrem erbnudilliclKMi Theile beobachtet 
habcMi, müss(Mi wir unbedin^xt beuKTkt haben, dass iji d<a* er- 
wähnten Hichtunii: sowohl anlässlich der Verfassung d(\s Moti- 
venberichtes, wie in d(Mi Aeusserimt^en (((m* im (l(^f()ltj;<' d(*s Mo- 
tiven birichtes laulwc^nhMiden öffentlichen juristischen Meinunj^ 
die ein«^(diendste Debatte stattfand. (Jeradc» ein solch letzteres 
Moment diente als umniltelbarc^r Impuls, um uns im Uahmen 
dieser Abhandlunjx mit der Frai^(» des ib'imfalls zu befassen. 
In der am 5. XoviMnber UH)4 (erschienenen Nununer d(*r «L'gv- 
vedek Lapja» (M-schicn nämlich mit (1(M' l'elxM'schrift «()r()kjojj-e 
a kincslar harandasi joüa ?» (Ist das Heinifallsrecht des Fiskus 
ein Krbrecht?) (»in Artikcd, dessen Verfasser jenen im S 1810 
des Entwurf(»s uns(»r(»s bürj^^erlichen (lesetzbuches eingenojinnenen 
Standpunkt missbillij!;!, wonach d(»r Kodex die» hinsichtlicli des 
VeruKmcns (»in(*s oIuk» J^rlxMi und ohne T(»stament Verstorbenen 
dem Fiskus zust(di(Mide I^(»rechti<ium^ in d(Mn Abschnitt der ge- 
setzlichen Krbf()l<j(e aufiiahm, w'»doch dies kcMue Kr])fol«^(\ son-. 
<lern ein HcMmfall ist. 

Der Verfasser d(»s Arlik(ds motivirt dies(Mi seinen Stand- 
punkt damit, dass juristische P^Msonen, wie (»ben auch d(M* Fis- 
kus, jener H(M-ht(* nicht thcnlhaftig werdcMi kcinnen, welche eiji 
verwandtschaftlichc^s Hand A'orauss(»tz(Mi und also auch keine ge- 
setzliche Krb(Mi sein können. r(d)(»rdi(*s s(M die* im § 1810 des 
Entwurfes slaluirle H(M'echtigung auch darum kein Krbrecht, weil 
die^se Hen^chtigurm; auch im wescMitlichen kcMU gesetzliches Erb- 
recht, sond(U'n ein HcMmfallsrcM'ht ist. Tud nachdem quod contra 
rationem iuris introductuni est, non est producendum ad conse- 
quentias, darf dieses, von d(*r gewöhnlichen ratio iuris abwei- 
chende Hecht des Fiskus vom (i(»sichtspunkt der Konsequenzeji 
mit der Erbfolge nicht identifizirl werden, selbst dann nicht, 

3* 



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:56 



wenn dies auch die ausLändischen Kodexe, insbesondere das 
deutsche bürgerliche Gesetzbuch ihrerseits thun. 

Blicken wir nun dieser Beweisführung gegenüber kurz auf 
die obigen Ausführungen über den Heimfall zurück und prüfen 
wir, ob unser obbesprochener Standpunkt eine Daseinsberech- 
tigung hat? 

Wir gelangten bei der Analyse des ^echtsinstitutes des Heim- 
falls zum Resultate, dass dc^r Heimfall ein von der Succession 
abweichendes zweifaches Spezifiikum hat. Vorerst ist nämlich der 
Heimfall eine acquisitio proprio jure, d. h. der Heimfallsberech- 
tigte tritt nicht mit dem Rechte des Vorgängers, sondern mit 
seinem bereits präexistenten Rechte in das Rechts verhältniss 
des Vorgängers; das zweite Spezifikum liegt in jener absolut 
geltenden Schranke, welche, auf dem Gut mit dinglicher Kraft 
lastend, jede, auf die Veräusserung gerichtete Disposition des 
jeweiligen Besitzers schon ab ovo entkräftete. Ob der Besitzer 
im Falle der Ermangelung eines Abkömmlings von Todeswegen 
verfügt hat oder nicht, der Heimfall des Gutes trat unbedingt 
^in. 

So bestand dies prinzipiell in voller Reinheit. Inwiefern 
dann die Praxis diese Prinzipien umwandelte, inwiefern sie Ab- 
weichungen von den gesetzlichen Bestimmungen zuliess, wie sie 
den Zeitpunkt des Eintrittes der Heimfolge hinausschob, wie der , 
Fiskus verpflichtet war, das verpfändete Gut bis zur Höhe des 
öffentlichen Schätzungswerthes abzulösen und die Witwe mit detu 
Betrage des Treulohns zu entschädigen, alldiese, m praktischer 
Hinsicht wohl erstklassigen Fragen wollen wir als solche, welche 
die Struktur dt^ Heimfalles nicht berühren, nicht weiter ver- 
folgen. 

Was folgt nun aus alldem? Besteht dieses Heimfallsrecht 
des Fiskus thatsächlich auch heute noch? Aus dem Bisherigen 
geht zur Genüge hervor, dass das Heimfallsrecht ganz anders 
beschaffen ist, wie die im Falle der Caducität dem Fiscus hin- 
sichtlich der hereditcis vacans zustehende Berechtigung. Diese 
letztere ist eine wirkliche Succession, welche aber nicht auf einem 
bereits imperative bestehenden eigenen Rechte des Fiskus, son- 
dern auf dem Erbrechte basirt. Dies war schon bei den Rö- 
mern bekannt und fand in der lex Papia Poppeia Regelung. Wenn 
der V^erstorbene keine Verwandten hatte, oder die Verwandten 
die Erbschaft nicht annehuKMi wollten, stand die Erbschaft dem^ 
Fiskus zu. Der Fiskus war wirklicher Erbe, welcher ad vires 
hereditatis für die Lasten der Verlassenschaft ebenso haftbar 
war, wie jeder, des beneficium inventarii sich bedienende andere 



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Erbe ; und erhielt der Fiskus, wenn etwa die Nachlassverbindlichl 
keiten das Vermögen überstiegen, ebenso nur einen inane nomen 
heredis (Berechtigung ohne Inhalt), wie jeder Andere. Vollkom- 
men unrichtig ist jene Auffassung, welche diese Berechtigung 
des Fiskus als das occupationelle Recht desselben auf den her- 
renlosen Nachlass darstellt. Die Unrichtigkeit dessen geht be- 
sonders dann hervor, wenn wir auch die Konsequenzen dieser 
These ziehen, weil wir sehen müssen, dass diese Auffassimg 
vom Gesichtspunkt der Konsequenzen zu den grössten Anomalien 
führt. Wenn nämlich dieses Recht des Fiskus thiatsächlich ein 
ius occupandi wäre, so überginge die ganze Erbschaft derart 
in das Eigenthum des Fiskus, dass die Nachlassschulden diesem 
gegenüber nicht geltend gemacht werden könnten; nachdem näm- 
lich die Occupation eine originäre Erbschaft ist, hätte der Fis- 
kus in diesem Falle überhaupt keinen Rechtsvorgänger, dessen 
Rechte und Verpflichtungen er übernehmen muss, sondern be- 
käme einfach und ohne weiteres die herrenlosen Nachlassgüter, 
de facto gar nichts bekommt, was ^m Falle der Occupation un- 
Lasten des Nachlasses und beziehungsweise für die Schulden 
des Erblassers aufkommen muss und weil es ja — wie bereits 
ei-wähnt — geschehen kann, dass die Passiven des Nachlasses 
den aktiven Stand desselben übersteigen und daher der Fiskus 
de facto gar nichts bekommit, was im .Falle der Okkupation un- 
möglich wäre. Wir könnten zur Rechtfertigung unseres Stand- 
pimktes noch andere Beweise anführen, wir halten jedoch schön 
diesen einen für genügend, um die Unrichtigkeit der gegneri- 
schen Auffassung zu demonstriren. 

So zweifellos es ist, dass jede erwerbsfähige juristische 
Person auch unentgeltlich erwerben kann, so steht auch dem 
nichts im Wege, dass sie auch Erben sein können. Warum denn 
nicht ? Worin entscheidet sich in struktueller Hinsicht die successio 
inter vivos von der successio mortis causa? Dass die gesetzliche 
Erbfolge ein verwandtschaftliches Band voraussetze, entbehrt jeder 
Grundlage, selbst dann, wenn wir unser Augenmerk auf die rechls- 
politische Seite der Erbfolge richten. Denn wozu ertheilt das 
Recht für den Todesfall die Dispositionsfredheit ? Man pflegt zu 
sagen, zur ethischen Belohnung des Verstorbenen, um dass das 
Vermögen im Kreise derjenigen bleibe, die ihm, als Familie, am 
nächsten stehen. Dies kann wohl nicht als ausschliesslicher le- 
gislativer Grund dienen, weil es ja dem letztwillig Verfügenden 
freisteht, mit seinem Vermögen so zu verfügen, dass seiner Fa- 
milie, besonders wenn keine Nachkonunen vorhanden sind, nichts 
davon zukomme. W^enn er sein Vermögen einem völlig Fremden 



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oder eiiioin Waisonhause hinterlässl, werden beide Erben sein, 
trotzdeni sie mit dem Erblasser durch kejji verwandtschaftliches 
Band verbundeji sind. Und testirte-er dem Staate, so würde auch 
dieser Erbe sein. 

Oder ist es etwa par excellenc(? die gesetzliche Erbfolge, 
welche das Verwandtschaflsbaiul voraussetzt ? Die oresetzliche Erb- 
folge tritt — wie wir wissen — dann ein, wenn der Verslor- 
böne entweder nicht testirt hat, oder wenn er wohl testirt hat, 
jedoch seine l(»tztvvilligc Verfimnng aus welchem Grunde immer 
hinfällt. In solchen Fällen ist (^s nur recht und billig, dass die 
Nächststehei)den das Vernu'igeji erben sollen. Ani nächsten aber 
stehen dem Krblasser die Verwandten. Was soll aber geschehen, 
wenn der Verstorb(»ne k(Mne V(»rvvandtschaft hatte? Wenn es 
Ketten des (Jefühls gibt, welche eiiKMi solchen oluu» Verwandte 
Verblichenen an Jemanden knüi)fen, so unt(*rliegt (*s keinem 
Zweifel, dass dics(» Oelühlsketlen ihn mit .Niemandem <Miger ver- 
binden, als genule mit s(»inem Vaterlande, dem er ja schliesslich 
im Endresultate Alles zu verdankcui hat, welchc^s ihm lialf, sein- 
Vermögen zu erwerben, welchc^s ihm beistand, dasselbe zu er- 
halten und welches ihm (hassen flenuss sichert. Eiul wenn wir 
diese fiesichtspunkte nicht unberücksichtigt lassen, verschwindet 
selbst der Alangel des erwälmt(Mi r(H'hls|)olitischen Motivs und 
werden wir das Erbfolgerecht drs Fiskus selbst dann für etwas 
selbstverständliches halten, wcmui die Erbfolge^ wirkli('h solche 
(lefühlketteii voraussetzte, was aber thatsächlich nicht der 
Fall ist. 

Man könnte» hCx-hstcMis eine, auf das Wesen der Frage nicht 
bezughabcMule Einwendung erhelxMi, wenn nändich statt des Fis- 
kus jene (MMiicincb* (*rben würde, in welcher der Erblasser wohn- 
haft war. Diese !d(V" ist aurdi Ixm dvr H(Mlakti:)n des deutschen 
bürgerlichen (i(^s(»tzburhes aufiretaucht (Motivenbericht, Rand V, 
Seite 86()' und geschi(»ht dercMi auch im Motivenberichte unseres 
Entwurfes Erwähnung (Band V, Seit(» 83). Die Ausführung dessen 
kann auf Wirtschaft licln», lun nicht zu sagcMi, technische» Schwie- 
rigkeiten stosscMi, dcnm wenn z. B. eine Millionenerbschaft einer 
kaum einige hundcM-t Insass(Mi zählenden (t(»meinde hinterbliebe, 
sagen wir zum Zwecke einer das(dbst zu errichtenden Univer- 
sität, so würden sich offenkundig hinsichtlich der Vc^rwendung 
der Erbschaft grosse Schwierigkeit(Mi ergc^ben. Anden^rseits ver- 
ursachte in concreto auch dessen Feststellung Schwierigkeiten, 
welche fiCMueinde den ohne Verw^ajultschaft und letztwillige Ver- 
fügung Verstorbenen beerben soll : diejenige, in welcher das Ver- 



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mögen liegt odeF etwa diejenige, deren Insasse der Verstorbene 
zuletzt war u. s. w. ? 

Ausser den angeführten dogmatischen Rücksichten sprechen 
aber noch andere Umstände dafür, dass der Fiskus wirklicher 
Erbe sei, vor allen der, dass wenn nach der seitens des Fis- 
kus bereits geschehenen Uebernalmie der Erbschaft eine erb- 
berechtigte Person sich meldet, der Fiskus als gulgläuhiger Be- 
sitzer verpflichtet ist, die Verlassenschaft dem sich Meldenden 
auszufolgen. 

Schliesslich bedarf es noch der Hervorhebung eines be- 
deutenden Gesichtspunktes. Der Anspruch des Fiskus auf die 
Verlassenschaft einer ohne Verwandte -verstorbenen Person ist 
eine privatrechtliche Berechtigung und ist der Fiskus in diesem 
Verhältnisse ebenfalls nichts and(»res, wie eine privatrechtliche' 
Person. Der Rückheimfall des Gut(js an die Krone im Falle der 
(:aducität ist hingegen ein staatsrechtliches Institut, dessen Grund- 
lage — wie wir sahen — in der Staatslehre der heiligen Krone 
wurzelt. Die heiligte Krone fungirt hier nicht als Privatperson, 
sondern als solches staatsrechtliches Subjekt, welchem hinsicht- 
lich jedes seiner Obrigkeit unterworfenen Stückes Boden das 
ausschliessliche und nach seinem Gutdünken verwendbare Eigen- 
thumsrecht zusteht. 

Die aus dem Dargelegten abzuleitenden Konsequenzen sind 
nun natürlich. Wir können dem, auch im § 18 der ujiter der« 
Leitmig des Judex Curiae stattgefundenen Konferenz angenom- 
menen Standpunkte des Entwurfes unseres bürgerlichen Gesetz- 
buches nur beipflichten, selbst dann, wenn § 193G des deutschen 
Gesetzes eine ähnliche Verfügung enthält. Es ist vollkommen 
imnöthig und wäre unseres Erachtens gänzlich verfehlt, w^emi 
unser Entwurf die gesetzliche Erbfolge des Fiskus irrthümlicher- 
weise «Heimfall» nennen ujid in einem besonderen Titel regeln 
würde. Irrthümlich wäre dies darum, weil das Heimfallsrecht 
mit der Errichtung der 1848er Gesetze gänzlich erlosch 
und wenn wir einige Ueberbleibsel unseres vorachtund- 
vierziger Rechtes den Anfordenmgen unseres heutigen Rechts- 
systems gemäss aufarbeiten oder gar sie einfach recipiren 
wollen, so müssen wir hiezu andere Gebiete suchen, wie sie 
sich für unser zu errichtendes Gesetzbuch noch immer sehr zahl- 
reich darbieten. 



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